Das vorliegende interdisziplinäre Gutachten wurde vom ZDF-Verwaltungsrat initiiert. Es soll aufzeigen, wie das ZDF künftig unter den Bedingungen der digitalen Transformation seinen Auftrag besser erfüllen kann. Besonders begrüßenswert: Die Gutachter*innen messen dem Thema Offenheit große Bedeutung bei. Sie empfehlen die freie Lizenzierung möglichst vieler Inhalte durch den Abbau rechtlicher Hürden. Damit greift das Gutachten eine zentrale Forderung von Wikimedia Deutschland und des Wikipedia-Projekts „Wiki Loves Broadcast” auf. Zwischen den Wikipedianer*innen, der Sendung Terra X vom ZDF und Wikimedia Deutschland gibt es seit Jahren ein Kooperationsprojekt, bei dem freie Inhalte für die Wikipedia, andere freie Lernumgebungen und den Schulkontext zur Verfügung gestellt werden. Das Gutachten nennt dies Kooperation ausdrücklich als Beispielprojekt. Es ist sehr erfreulich zu sehen, dass die Bedeutung von öffentlich-rechtlichen Inhalten unter freier Creative-Commons-Lizenz zunehmend erkannt wird.

Warum ist das wichtig?

Öffentlich-rechtliche Inhalte, die unter freien Lizenzen veröffentlicht werden, ermöglichen es, dass Informationen für alle zugänglich und nutzbar sind – ohne rechtliche Hürden oder finanzielle Barrieren. Das fördert den freien Wissensaustausch und die Weiternutzung, etwa in der schulischen Bildung. Dies ist ein zentraler Baustein für eine offene und demokratische Gesellschaft. In dem Gutachten heißt es dazu:

Offen zur Verfügung gestellte Inhalte und Software können dazu beitragen, digitale Öffentlichkeiten und die Zukunftsfähigkeit eines diversen Mediensystems zu stärken.
Das Podium bei der Vorstellung der Potenzialanalyse im Zollernhof: Moderator Wulf Schmiese, die Autorinnen und Autoren Prof. Christina Elmer, Prof. Dr. Leyla Dogruel, Prof. Dr. Tobias Gostomzyk, Prof. Dr. Katharina de la Durantaye, Prof. Dr. Frank Lobigs, ZDF-Intendant Dr. Norbert Himmler und die ZDF-Verwaltungsratsvorsitzende Malu Dreyer (v.l.n.r.)
Das Podium bei der Vorstellung der Potenzialanalyse im Zollernhof: Moderator Wulf Schmiese, die Autorinnen und Autoren Prof. Christina Elmer, Prof. Dr. Leyla Dogruel, Prof. Dr. Tobias Gostomzyk, Prof. Dr. Katharina de la Durantaye, Prof. Dr. Frank Lobigs, ZDF-Intendant Dr. Norbert Himmler und die ZDF-Verwaltungsratsvorsitzende Malu Dreyer (v.l.n.r.)

Wikimedia Deutschland und Wiki Loves Broadcast setzen sich seit Langem dafür ein, dass öffentlich-rechtliche Wissens- und Bildungsinhalte unter freier Creative-Commons-Lizenz veröffentlicht werden. Das erhöht nicht nur die Reichweite und Nutzbarkeit dieser Inhalte. Denn frei lizenziert können sie in das freie Medienarchiv Wikimedia Commons und in die Wikipedia eingehen und dann frei weiter genutzt werden. Das fördert auch die Kreativität in unserer Gesellschaft und leistet außerdem einen wichtigen Beitrag gegen Desinformation.

Die Rolle der Ehrenamtlichen

Die Arbeit der Wikipedia-Ehrenamtlichen bei Wiki Loves Broadcast ist dabei ein essentieller Baustein. In gemeinsamen Projekten mit Wikimedia Deutschland kooperiert Wiki Loves Broadcast seit Jahren erfolgreich mit prestigeträchtigen Formaten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten wie der bereits genannten Wissenssendung Terra X oder auch der tagesschau (ARD). Diese Projekte unterstreichen den Mehrwert von frei nachnutzbaren Wissens- und Bildungsinhalten für Schule und Gesellschaft. Dafür bieten die Ehrenamtlichen unter anderem Schulungen für öffentlich-rechtliche Redaktionen und Distributions-Teams an, sichten mögliche Inhalte und verantworten die Einbindung der Videos in relevante Wikipedia-Artikel. Gemeinsam mit der Redaktion von Terra X wurde Wiki Loves Broadcast 2021 dafür mit der WikiEule ausgezeichnet.

Unsere Lieblingsstelle im Gutachten

Im Gutachten heißt es: “Wichtig ist, die Rechte für eine Verwertung unter freien Lizenzen vor Aufnahme der Produktion einzuholen. Die Möglichkeit, die Inhalte unter freien Lizenzen zu veröffentlichen, sollte daher integraler Bestandteil der Konzeptualisierung von Produktionen sein. Das ZDF sollte anstreben, das Portfolio an freien Inhalten sukzessiv zu vergrößern. Dabei sollte es für die zukünftige Rechteklärung Prozesse entwickeln, die „Open Content“ als Standard setzen und unterstützen. Diese Prozesse sollten alle Phasen der Konzeption, Produktion und Verwertung betreffen – von der Entwicklung des Konzepts und anderen Elementen der Vorproduktion bis zur Produktion, Primärverwertung und nachgelagerten Nutzung für Bildungszwecke und auf Wikipedia und vergleichbaren Angeboten.”

Wenn das ZDF diese und ähnliche Empfehlungen umsetzt hieße das: Mehr hochwertig produzierte Wissensinhalte können über die Ausstrahlung hinaus in freien Wissensprojekten wie der Wikipedia weiterleben und auch in anderen Kontexten wie in der Bildung genutzt werden. Abzuwarten bleibt nun, wie der Sender mit dem Gutachten umgeht und ob er die Vergütung der Kreativen angemessen anpasst und die freie Lizenzierung von Wissens- und Bildungsinhalten die Regel wird. Das Gutachten des ZDF ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Wir hoffen, dass es zu weiteren Diskussionen und konkreten Maßnahmen führt, um den Zugang zu Wissen und Bildung für alle zu verbessern.

Die Aufklärung als zweischneidiges Schwert

Die Ideen der Aufklärung, die rationale Vernunft und die naturwissenschaftliche Revolution fallen zeitlich mit kolonialer Unterdrückung und Rassismus zusammen. Diese Ambivalenz diskutierten die Politikwissenschaftlerin Nikita Dhawan von der TU Dresden, die Wikipedianerin Kelly Foster und der Forscher und Künstler meLê yamomo von der University of Amsterdam. Jan-David Franke, Projektmanager für Politik und öffentlicher Sektor bei Wikimedia Deutschland, hat die Session moderiert und zieht ein ambivalentes Fazit: „Mit der Aufklärung geht zwar auch ein belastetes historisches Erbe einher. Wir sollten sie trotzdem nicht beiseite legen und die Prinzipien Gleichheit, Menschenrechte und Demokratie vor denjenigen verteidigen, die die Aufklärung zur Legitimation von Unterdrückung, Kolonialismus und Chauvinismus heranziehen. Die Wikipedia kann dabei eine wichtige Rolle spielen, wenn sie sich weiter kritisch reflektiert und die sich daraus ergebenden Erkenntnisse ernst nimmt.“

Was nimmt eine Wikipedianerin von der Konferenz mit?

Katsumo war neben anderen Ehrenamtlichen bei der Konferenz dabei: „Zwei Momente haben mich besonders beeindruckt: die multimediale Installation von meLê yamomo und der Vortrag von Nikita Dhawan. Yamomos Installation hat mir gezeigt, dass Wissen nicht isoliert im Kopf entsteht, sondern durch den Körper und den Dialog mit anderen. Faszinierend fand ich die Beispiele, wie in einigen Kulturen Wissen durch Gesänge weitergegeben wird – eine lebendige und körperliche Form des Erinnerns.“
Bedenkenswert fand sie auch das Argument, „dass es kein ,reines’ Wissen gibt, da alles bereits von kolonialen Einflüssen geprägt ist und wir dennoch die positiven Werte der Aufklärung wie Gleichheit und Menschenrechte gegen einen ,normativen Nihilismus’ verteidigen sollten.“

Fosters Schlussfolgerung: Die Aufklärung ist zugleich Gift und Medizin. Sie zitierte dazu einen Satz des Schwarzen Bürgerrechtlers W.E.B. Dubois, der mich berührt hat: ,Die Enzyklopädie ist niemals fertig’ – ein Motto, das sich Wikipedia einrahmen könnte!“
Katsumo, Wikipedianerin

Barcamp zu bedrohtem Wissen

Am Nachmittag stellten die Teilnehmenden ihre eigenen Fragen ins Zentrum und diskutierten sie beim Who Owns-Free-Knowledge-Barcamp. Ein Barcamp ist immer auch ein Risiko. Man weiß nie, wer welche Fragen beisteuert – und ob sie auf Interesse stoßen. So blickt Barcamp-Organisator Dominik Scholl, Leiter des Teams Kultur und marginalisiertes Wissen bei Wikimedia Deutschland, auf das Workshop Format:

„Wir haben festgestellt, dass dieses Format für einige Teilnehmende noch komplett neu war. Trotzdem haben sich nach sechs Stunden Konferenz noch viele aktiv daran beteiligt. Es war toll zu sehen, zu welchen Themen und Fragen-Sessions angeboten wurden: Wie lassen sich Forschungs- und Kulturdaten aus den USA retten? Wie können wir mit dem Spannungsverhältnis zwischen Sichtbarkeit und Verwundbarkeit marginalisierter Gruppen umgehen?“

Bedrohte Daten, bedrohtes Wissen

Um die Rettung von Forschungs- und Kulturdaten ging es in der Session des Historikers Henrik Schönemann. Er beschrieb, wie er mit anderen Engagierten im Projekt Safeguarding Research Data and Cultural Heritage versucht, so viele Daten wie möglich zu retten. Aktuell entzieht die amerikanische Regierung immer mehr öffentlichen Einrichtungen Mittel, so dass diese ihre IT-Infrastruktur nicht aufrechterhalten können und Speicherplatz aufgeben müssen. Oder sie zwingt öffentliche Institutionen, Informationen zu löschen oder politisch motiviert zu ändern. Um die dadurch bedrohten Wissensbestände zu schützen, sammelt die Gruppe Informationen über bedrohte Daten und sichert sie bei Bedarf. Franziska Kelch aus dem Kommunikationsteam von Wikimedia Deutschland war dabei und schildert ihre Erkenntnis:

„Dank der technologischen Entwicklungen können wir in enormem Umfang Wissen speichern oder vermitteln. Aber wer die Technologien kontrolliert, kann diese Wissensbestände auch vernichten. Wir müssen daher besser darauf achten, wer Infrastrukturen des Wissens, Forschungseinrichtungen oder Kulturinstitutionen kontrolliert und Mechanismen gegen Missbrauch entwickeln. Wir müssen außerdem Projekte wie die Wikipedia erhalten. Denn sie gehört nicht einer Person, einem Unternehmen oder einem Staat, sondern wird von einer globalen Community selbst betrieben, die offen ist für die Teilhabe der Vielen.“

Eine Lobrede auf Wikipedia

Das Erbe des Kolonialismus, technologische Infrastruktur und die Politik zum Gemeingut. Die Konferenz hat gezeigt, dass ihr Verhältnis zueinander auch in Zukunft prägen wird, wie wir Wissen produzieren und rezipieren. Die Konferenz am Weizenbaum Institut hat die Beteiligten aus Forschung und Praxis zusammengebracht. Hier weiterhin im Austausch zu bleiben, begrüßen die Teilnehmenden sehr – trägt das eigene Engagement doch zu einem größeren gemeinsamen Ziel bei. So fasst Katsumo trefflich zusammen: „Eigentlich waren die Beiträge, bei aller Kritik, implizit eine Lobrede auf die Wikipedia und motivierten mich, bei diesem großartigen Projekt weiterhin enthusiastisch mitzumachen.“

Grundsätzlich begrüßenswert aus der Perspektive von freiem Wissenszugang: Open Source und offene Standards haben einen hohen Stellenwert bekommen. Wenn beides in eine fachlich fundierte Strategie eingebettet wird, kann neben einer besseren Digitalisierung von Staat und Verwaltung auch die Arbeit an Projekten wie der Wikipedia gestärkt werden. Denn offene Standards und Open-Source-Infrastrukturen begünstigen das Tauschen und Teilen von frei wiederverwendbaren Inhalten.

Das Informationsfreiheitsgesetz bleibt! 

Die Union ist mit ihrer Forderung, das IFG abzuschaffen, nicht durchgekommen. Nachdem es breiten Protest aus der Bevölkerung, von Journalist*innen, Wikimedia Deutschland und vielen weiteren Verbänden gab, soll das Gesetz nun reformiert werden – mit „Mehrwert für Bürger*innen und Verwaltung“. Das ist die Gelegenheit, ein bundesweites Transparenzgesetz umzusetzen. Die Initiative Transparenzgesetz hat einen Entwurf vorgelegt. Denn das bisherige IFG war lückenhaft und sorgte oftmals für Mehraufwände bei Behörden. Diese mussten amtliche Informationen aus schlecht digitalisierten Unterlagen heraussuchen. Ein echtes Transparenzgesetz sorgt nicht nur für besseren Zugang zu staatlichen Informationen. Es schafft auch die notwendigen Organisationspflichten für eine einfach abrufbare Informationsverwaltung der öffentlichen Hand auf dem strategischen, organisatorischen und technischen Stand der Zeit.

Ehrenamtsförderung – wie digital wird sie?

Die Unionsparteien stehen dem Ehrenamt traditionell sehr nahe. Das schlägt sich auch im Koalitionsvertrag nieder. Union und SPD wollen ehrenamtliches Engagement „stärken und schützen“. Geplant ist ein „Zukunftspakt Ehrenamt“. Das ist begrüßenswert. Aber denken die Koalitionspartner dabei auch an Menschen, die ehrenamtlich Software entwickeln, Datenprojekte umsetzen oder Wissen in der Wikipedia teilen? An die Anerkennung des digitalen Ehrenamts in der Engagementstrategie der Bundesregierung sollte nun gezielte Förderung anschließen. Auch eine Modernisierung des Zweckkatalogs im Gemeinnützigkeitsrecht ist vorgesehen. Wir meinen: Es wird Zeit, dass die Erstellung gemeinwohlorientierter Plattformen, Apps oder Software explizit als gemeinnützig genannt werden. Bei Gesetzen zur Regulierung von Plattformen sind zudem sachgerechte Sonderregeln für gemeinwohlorientierte Internet-Strukturen nötig, etwa niedrigere Haftungsrisiken.

DigitalPakt 2.0 soll endlich auch digitale Kompetenzen fördern

Die Grundvoraussetzungen dafür, dass digitale Bildung funktioniert, sind neben der Infrastruktur auch die digitalen Kompetenzen von Lehrkräften. Hier ist der neue DigitalPakt ein wichtiges Signal. Denn die Mittel können künftig in die Lehrkräftebildung und Unterrichtsentwicklung fließen. Bedarfe aus der Lehrerschaft und Bildungsverbänden wurden offenbar gehört und adressiert. Für existierende Projektvorhaben aus dem DigitalPakt Schule ist die Verlängerung des Abrechnungszeitraums um zwei weitere Jahre eine große Entlastung. Eine langfristige Finanzierung digitaler öffentlicher Bildungsinfrastrukturen sollte allerdings weiterhin vorangebracht werden.

Gesellschaftliche Teilhabe durch die Förderung digitaler Kompetenzen.

Wir begrüßen eine altersübergreifende Offensive zur Stärkung der digitalen Kompetenzen. Denn das Erlernen eines sicheren und kritischen Umgangs mit digitalen Tools und Medien ist für alle Altersklassen wichtig. Umsetzen will die Bundesregierung dieses Ziel mit „Start-ups, Wirtschaft, öffentlichen Bildungsträgern und Sozialverbänden“. Im Sinne eines gerechten  Zugangs zu Bildungsangeboten sollten die entstehenden Materialien und Angebote für alle frei zugänglich und nutzbar sein. Das funktioniert, indem alle Inhalte und Tools unter freien Lizenzen (CC für Dokumente, EUPL für Software) veröffentlicht werden. Gleichzeitig sollten die Bildungspolitiker*innen der Koalition dafür sorgen, dass Menschen den digitalen Raum aktiv mitgestalten können. Im Rahmen der digitalen Offensive sollten daher auch vermittelt werden, wie man freie, offene Infrastrukturen wie das Fediverse und Mastodon und freie, kollaborative Plattformen wie die Wikipedia nutzt.

Wissenschaftskommunikation – denkt an freies Wissen!

Laut Koalitionsvertrag wollen SPD und Union eine „unabhängige Stiftung für Wissenschaftskommunikation und -journalismus“ gründen. Das ist ein wichtiger Schritt. Da öffentliche Forschung und Wissenschaftskommunikation mit öffentlichen Mitteln finanziert werden, sollten sie allen Interessierten frei zur Verfügung stehen. Das funktioniert ,indem die Prinzipien von Open Science und Open Access in der Forschung gefördert werden. Denn nur wenn Publikationen frei lizenziert sind, können Forschungsergebnisse und Wissenschaftskommunikation auch in die Wikipedia einfließen. Die freie Enzyklopädie kann so auch ein barrierefreier Multiplikator für Wissenschaftskommunikation sein.

Offene Bildung ist kein Thema

Offene Bildungsmaterialien (OER) können im digitalen Raum von allen genutzt, verändert und weiterverbreitet werden. Das erleichtert Zugang zu Wissen. Auch wenn es seit 2022 eine OER-Strategie des Bundes gibt, aus der bislang bereits einige Förderlinien hervorgegangen sind, vermissen wir ein Bekenntnis, die Strategie mitsamt zukünftig relevanter Förderlinien weiterzuentwickeln. Insbesondere im Kontext generativer KI-Systeme im Bildungsbereich haben sich neue Fragen zur Erstellung, Verbreitung, aber auch Auffindbarkeit von OER (beispielsweise über automatisierte Metadatengenerierung) ergeben, die dringend weiter bearbeitet werden sollten. KI in der Bildung ohne Offenheitsanspruch und Gemeinwohlorientierung schafft Abhängigkeiten von proprietären Anbietern.

Absichtserklärung zu Open Source noch ohne klares Zielbild

Die Ankündigung „Ziele für Open Source“ realisieren zu wollen, ist gut, bleibt aber zu unklar. Eine Digitalstrategie, die beispielsweise MS-Office durch LibreOffice ersetzen möchte, würde zu kurz greifen. Denn es geht nicht nur darum, Lizenzzahlungen zu reduzieren oder örtlichen Unternehmen gegenüber internationalen Großkonzernen zu bevorzugen. Damit Vorhaben wir das Onlinezugangsgesetz in die Praxis umgesetzt werden können und Bürger*innen den Staat als leistungsfähig und verlässlich wahrnehmen können, braucht es staatliche Steuerung. Freie Software kann eine wichtige Grundlage dafür sein, dass Informationen künftig als wiederverwendbare Daten anstatt als Office-Dokumente abgelegt werden. Durch die Verwendung von Lizenzen wie der EUPL kann sichergestellt werden, dass die damit geschaffenen Ergebnisse auch langfristig als Gemeingut erhalten bleiben. Aus den Kapiteln zu Wirtschaft, Forschung und Staatsmodernisierung wird allerdings deutlich, dass vor allem eine „Vorreiterrolle in KI“ herbeigewünscht wird, die vor allem auf die Anwendung generativer KI-Systeme hinauszulaufen scheint. Da sollte die Bundesregierung ihren Blick deutlich Richtung freiem Zugang zu Informationen und offener Infrastrukturen weiten und das bislang viel zu wenig beachtete Feld regel- und logikbasierter KI-Systeme als Chance für einen eigenen, strategisch vielversprechenderen Weg begreifen.

Gemeinwohlorientierte Infrastrukturen Fehlanzeige!

Gerade jetzt, wo sich die massive Abhängigkeit Deutschlands von Tech-Konzernen besonders deutlich zeigt, gilt es, offene, unabhängige und der Gesellschaft dienende Internetinfrastrukturen zu stärken. Laut Koalitionsvertrag sei es ein wichtiges Ziel „digitale Infrastrukturen zu schützen und auszubauen“ – damit sind Mobilfunk- und Glasfasernetze gemeint. Das Potenzial, den Ausbau dieser Infrastrukturen staatlich zu steuern und damit einerseits Mehrfachausbau und andererseits weiße Flecken auf der Landkarte zu vermeiden, scheint dabei unberücksichtigt zu bleiben. Auch die Internetdienste, die auf diesen Basisinfrastrukturen aufbauen, finden sich im Koalitionsvertrag nicht wieder. Sie sollen offenbar weiter allein dem Markt überlassen bleiben. Dabei läge im Aufbau dezentraler Kommunikationsräume wie dem Fediverse und Mastodon eine gewichtige Chance, Gegenmodelle zu den bisherigen zentralisierten Plattformen zu schaffen, die wie im Falle von X nach einer Übernahme nach den Vorstellungen einzelner CEOs umgestaltet und missbraucht werden können.

„Künstliche Intelligenz“ als Zauberformel für Verwaltungsmodernisierung?

Egal ob in der Finanzverwaltung, Verwaltungsmodernisierung oder der Justiz, überall soll „KI“ für Produktivitäts- und Modernisierungsschübe sorgen. Die „KI-Offensive“ mit dem „100.000-GPU-Programm“ legt den Schluss nahe, dass mit „Künstlicher Intelligenz“ ausschließlich generative Systeme wie Chatbots gemeint sind. Das Problem: Sie produzieren Fehler, weil sie lediglich wahrscheinliche und plausibel erscheinende Aussagen treffen. Für eine Wissensnation wie Deutschland wäre es fatal, sich lediglich auf dieses Feld zu konzentrieren und dem energie- und ressourcenintensiven Wettbewerb der bestehenden großen Player hinterherzulaufen. Stattdessen sollten wir uns auf logikbasierte KI-Systeme auf der Basis sogenannter Wissensgraphen konzentrieren. Denn sie können Ergebnisse liefern, die verlässlichen, beweisbaren und logischen Regeln folgen – bei vergleichsweise minimalem Energie- und Ressourcenaufwand. Wikidata ist ein bewährtes, praktisches Beispiel, wie so ein System in der Praxis aussehen und zum Wohle aller dienen kann. Die offene und freie multilinguale Wissensdatenbank, die von einer globalen Community ständig erweitert und gepflegt wird, wächst ständig. Sie ist mit aktuell über 116 Millionen strukturierten Dateneinträgen die größte ihrer Art. Mit einem Fokus auf Wissensgraphen wie Wikidata und logikbasiert auswertbare Informationen des Staates würde die Koalition überfällige Grundlagen für eine gelingende Verwaltungsdigitalisierung schaffen.

Kein Kompass für die internationale Digitalpolitik

Um wettbewerbsfähig zu sein mit den großen, finanzstarken internationalen Playern, braucht Digitalpolitik eine offene, kollaborative Herangehensweise. Ein Vorschlag dafür ist die EuroStack-Initiative. Sie will erreichen, dass Europa von den Ressourcen über Netze bis zu Cloud-Infrastrukturen, Software und Daten eigenständig wird. Sie bleibt in der Ausgestaltung bislang jedoch diffus und fokussiert sich stark auf das Ziel der „Digitalen Souveränität“. In der Praxis wird das häufig mit staatlicher Souveränität gleichgesetzt  – mit den nicht immer wünschenswerten Begleiterscheinungen wie dem Denken innerhalb territorialer Grenzen und einer Abschottung nach außen hin.

Begrüßenswert sind dennoch die in groben Strichen festgehaltenen Bekenntnisse zu Grundrechten und grundrechtskonformer Plattformregulierung, der Fortführung internationaler Digitaldialoge und der Mitarbeit in internationalen Gremien. Deutlicher hätte das Bekenntnis dazu ausfallen können, verschiedene Gruppen in Multistakeholder-Dialoge einzubeziehen. Denn in Deutschland gibt es traditionell eine starke, ehrenamtlich aktive digitale Zivilgesellschaft. Sie hat in den vergangenen Jahren viele praktische Erfahrungen damit gesammelt, woran Digitalisierungsprojekte des Staats scheitern. Trotzdem bleibt ihre Stimme bei der Erarbeitung von Digitalstrategien bis heute häufig ungehört.

Wir sind gespannt auf die Umsetzung

Die Koalitionär*innen beschreiben ihre Digitalpolitik mit vieldeutigen Begriffen. Die Rede ist von Souveränität, Innovation und gesellschaftlichem Fortschritt. Was genau damit gemeint ist, ist an vielen Stellen noch unklar. Wir meinen, Digitalpolitik ist zuerst Gesellschaftspolitik. Sie sollte im öffentlichen Interesse aktiv gestaltet werden und das Gemeinwohl in den Mittelpunkt stellen. Und dazu gehören politische Maßnahmen, die freien Zugang zu Daten, Forschung, Software, Bildung und digitalen Kulturgütern ermöglichen. Spannend wird es daher zu beobachten, wie konsequent die Koalition ihr Bekenntnis zu offenen Standards und Open Source in der Realität umsetzt – und ob die geplanten Infrastrukturinvestitionen auch in öffentliche und demokratisch kontrollierte digitale Infrastrukturen fließen werden.

Zwei Perspektiven, eine gemeinsame Reise

Nicole und Till kamen im März 2010 gleichzeitig zu Wikimedia Deutschland, das damals noch ein kleiner Verein mit einem überschaubaren Team in einem Berliner Altbau war. Seither haben beide maßgeblich dazu beigetragen, Wikimedia Deutschland zu dem zu machen, was es heute ist – eine Organisation mit über 111.00 Vereinsmitgliedern und 200 Mitarbeitenden, die eine feste Größe im digitalpolitischen Bereich und Open Source Softwareentwicklung geworden ist.

Nicole hat sich früh für globale Zusammenarbeit und die Rolle des Vereins auf dem internationalen Parkett sowie die strategische Weiterentwicklung stark gemacht. Bei der globalen Wikimedia-Strategie 2030 spielte sie als Leiterin des Projektteams eine zentrale Rolle bei der Entwicklung von zehn Handlungsempfehlungen und Prinzipien für die weltweite Bewegung. Zwölfmal war sie maßgeblich am Wikimedia Summit beteiligt – dem internationalen Treffen der Wikimedia-Organisationen in Berlin. Was einst mit Veranstaltungsorganisation begann, entwickelte sich zu einer kuratorischen Rolle, in der Nicole entscheidend dazu beitrug, die globale Bewegung zu stärken. Mittlerweile hat sie auch gemeinsam mit ihrem Team bei Wikimedia Deutschland die Verantwortung für die Zusammenarbeit der Entscheidungsgremien des Vereins übernommen. Till baute das Fundraising von Wikimedia Deutschland von Grund auf auf und machte es zu der tragenden Säulen des Vereins. Unter seiner Leitung wurde das Fundraising-Team professionalisiert – heute steht Wikimedia Deutschland hinter einer der erfolgreichsten Spendenkampagnen Deutschlands: der jährlichen Wikipedia-Bannerkampagne im Herbst. Tills Arbeit hat nicht nur finanzielle Stabilität geschaffen, sondern auch mehr Handlungsspielraum für die Förderung Freien Wissens eröffnet.

Hallo Nicole! Hallo Till! Ihr habt vor 15 Jahren bei Wikimedia Deutschland angefangen – wie kam es dazu? Was hat euch damals hergeführt?

Nicole: Ich hatte meine Diplomarbeit über Creative-Commons-Lizenzen im NGO-Management geschrieben und gehörte zu den ersten, die diese Lizenzen in Deutschland bekannt gemacht haben. Ich habe ehrenamtlich Barcamps und andere Web-2.0-Veranstaltungen organisiert und war gut vernetzt in der netzpolitischen Szene. Der Job als Projekt- und Eventmanagerin, der damals bei Wikimedia Deutschland ausgeschrieben war, passte da wie angegossen.

Till: Vor Wikimedia habe ich bei der German Toilet Organization gearbeitet – eine kleine NGO ohne richtiges Budget damals. Aber: Rechnungen müssen bezahlt werden. Also habe ich mich bei Wikimedia als Fundraiser beworben. Pavel Richter, der damalige Geschäftsführer, meinte: Wenn ich Fundraising für Toiletten hinbekomme, bin ich bestens geeignet für Wikimedia.

Was wolltet ihr in eurer Kindheit oder Jugend mal werden? Und findet ihr Facetten davon heute in eurer Arbeit wieder?

Nicole: Tierärztin natürlich – oder irgendwas mit Pferden! Auf den ersten Blick ist das ganz weit weg. Aber Empathie, Geduld und Sorgfalt braucht es auch bei Wikimedia Deutschland, um gute Arbeit zu machen.

Till: Puh, als Kind wollte ich Müllfahrer werden, hinten auf dem Trittbrett durch die Stadt cruisen. Später Langzeitstudent – aus Neugier und Lernlust. Und zumindest diesen Teil lebe ich heute etwas – denn unsere test- und erkenntnisorientierte Vorgehensweise im Fundraising ist auch Ausdruck des kontinuierlichen Lernen

Auf welche besonderen Momente oder Projekte bei Wikimedia Deutschland seid ihr besonders stolz?

Nicole: Es gab echt viele Highlights in den letzten 15 Jahren. Für mich gehört das Projekt Chapters Dialogue von 2013-2014 eindeutig dazu! Wikimedia ist eine Organisation, die weltweit mit unterschiedlichen Wikimedia-Gruppen und -Organisationen vertreten ist. Alles zusammen nennen wir die Wikimedia-Bewegung oder Movement. Um die Vernetzung und Zusammenarbeit zu stärken, haben wir mit dem Chapters Dialogue fast alle weltweiten Wikimedia-Organisationen sowie die Gründer-Organisation Wikimedia Foundation zu ihren Bedürfnissen, Sorgen und Wünschen interviewt. Der daraus entstandene Bericht war ein ehrlicher Status Quo der internationalen Zusammenarbeit im Movement. Viele Fragen von damals – etwa zu Machtverhältnissen und finanzieller Gerechtigkeit – sind bis heute relevant.

Till: Ein besonderer Moment war die intensive Debatte in den Jahren 2011/2012 über die Struktur der internationalen Wikimedia-Bewegung. Im Zentrum stand die Frage: Soll nur die Wikimedia Foundation in San Francisco – die zentrale Organisation, die die Rechte an Wikipedia hält und die Server betreibt – Spendenkampagnen auf Wikipedia durchführen dürfen? Oder auch die unabhängigen Wikimedia-Organisationen in anderen Ländern? Wikimedia Deutschland hatte zu diesem Zeitpunkt bereits eigene Fundraising-Kampagnen umgesetzt. Dieses Recht stand plötzlich zur Diskussion. Gemeinsam mit vielen anderen Engagierten habe ich dafür gekämpft, dass wir es behalten dürfen. Wir haben ein überzeugendes Positionspapier erarbeitet und unsere Argumente in zahlreichen Onwiki-Diskussionen und Gesprächen mit der Wikimedia Foundation eingebracht. Am Ende mit Erfolg. Dass wir heute unabhängig Spenden sammeln können, ist ein großer Gewinn: Es sichert uns nicht nur finanzielle Stabilität, sondern gibt uns auch die Freiheit, Freies Wissen auf unsere Weise mitzugestalten.

Screenshot von Wikimedia Deutschland Spendenkampagne 2012
Screenshot von Wikimedia Deutschland Spendenkampagne 2012
Nicole (links) beim Chapter Dialogue Abschluss in 2014.
Nicole (links) beim Chapter Dialogue Abschluss in 2014.

Ihr kennt euch jetzt 15 Jahre – wie hat sich der jeweils andere in dieser Zeit verändert?

Nicole: Also Tills Humor ist immer noch spot on! Das Augenzwinkern auch in herausfordernden Situation hat er behalten, das finde ich sehr erfrischend. Ich schätze es, wie analytisch und sachlich er arbeitet – bei einem Job, in dem es um Millionenbeträge und das Vertrauen hunderttausender Menschen geht. Und dabei bleibt er völlig bescheiden. Diese gelassene Ernsthaftigkeit bewundere ich sehr. Und: Wir haben beide viel mehr graue Haare als 2010!

Till: So richtig sehe ich keine Veränderung, außer den vielen Erfahrungen natürlich. Nicole brennt weiterhin fürs Movement, versprüht Begeisterung und bringt ganz viel Motivation mit – auch bei Rückschlägen. Wenn du inhaltlich mit so einem höchst diversen und anspruchsvollen internationalen Movement zu tun hast, brauchst du viel Empathie und Ausdauer. Ihre positive Energie war schon immer da, und sie trägt sie bis heute.

TIll (links) auf der WikiCon 2012.
TIll (links) auf der WikiCon 2012.

Warum ist es so wichtig, sich für Freies Wissen einzusetzen?

Nicole: Meine Grundannahme ist – und das ist auch das, was mich täglich seit 15 Jahren antreibt – dass die Demokratisierung von Wissen sowie die breite Teilhabe an belegtem Wissen zu einer Gesellschaft führt, die besser informierte Entscheidung treffen kann – oder zumindest könnte! Freies Wissen kann ein Demokratieverstärker sein. Unseren Auftrag als Bewegung für Freies Wissen verstehe ich also als einen gesellschaftlichen. Und er ist hochpolitisch!

Till: Wikipedia ist ein einzigartiges Projekt – ohne sie wäre das Internet deutlich ärmer. Gerade in Zeiten von Desinformation und schwindendem Vertrauen in klassische Medien gewinnt Wikipedia an gesellschaftlicher Relevanz. Unsere Aufgabe im Fundraising ist es, Menschen in Deutschland die Möglichkeit zu geben, sich mit einer Spende für freies, verlässliches Wissen zu engagieren. Man kann sagen: Es war nie wichtiger als jetzt.

Nicole (links) auf der Wikimedia Conference 2011.
Nicole (links) auf der Wikimedia Conference 2011.
Nicole auf dem Hackathon 2018.
Nicole auf dem Hackathon 2018.

Welche besonderen Erfahrungen nehmt ihr aus den letzten 15 Jahren mit?

Nicole: Alles verändert sich und genau das macht’s spannend. Mein Aufgabenfeld hat sich ständig weiterentwickelt: von Events über internationale Strategie bis zu Governance. Auch Wikimedia Deutschland ist gewachsen – von zehn auf fast 200 Mitarbeitende. Offen für Wandel zu bleiben und aktiv mitzugestalten, war und ist zentral für mich. Und trotz aller Routinen – Meetings, E-Mails, Dokumente – ist der Job für mich nie langweilig geworden. Im Gegenteil: Er fühlt sich heute noch mehr denn je wie ein Traumjob an.

Till: Als wir damals angefangen haben, waren wir keine zehn Leute. Man hat schnell viel Verantwortung übernommen und konnte dadurch richtig viel aufbauen und mitgestalten. Diese ersten Jahre waren total prägend: So viele Weichen wurden gestellt, so viele grundlegende Entscheidungen getroffen. Klar, wir haben auch Fehler gemacht, aber genau das war ein großes Learning für mich: Wenn man sich wirklich gestalten will und reinhängt, kann man richtig was bewegen. Dieses Mindset prägt mich bis heute.

Was treibt euch weiterhin an? Was wünscht ihr euch für die Zukunft bei Wikimedia Deutschland?

Nicole: Der Einsatz für freies Wissen ist heute politischer denn je – ob beim Schutz offener Infrastrukturen, dem Zugang zu verlässlicher Information, dem Erhalt digitaler Gemeingüter oder in Fragen von Diversität und Inklusion. In Zeiten von Desinformation und Dominanz großer kommerzieller Plattformen ist eine unabhängige Wikimedia-Community wichtiger denn je. Deshalb freue ich mich, weiterhin meinen Teil beizutragen – gemeinsam mit den besten Kolleg*innen und einer weltweiten Bewegung, die sich nicht unterkriegen lässt.

Till: Im Kontrast zur millionenfachen Nutzung spenden nur wenige Menschen für Wikipedia. Mich treibt an, mehr Menschen davon zu überzeugen. Auch wenn wir jedes Jahr besser werden, gibt es noch viel Potenzial. Ich wünsche mir, noch besser zu verstehen, was sie abhält – und wie wir diese Hürden abbauen können. Die Idee, dass eine der größten Websites der Welt gemeinschaftlich geschrieben und finanziert wird, begeistert mich bis heute.

Vielen Dank für das Interview!

Jubiläumsvideos mit Nicole und Till

Wiki Loves Monuments 2024

Wiki Loves Monuments (WLM) ist ein internationaler Fotowettbewerb, der sich auf die Dokumentation von Denkmälern, historischen Gebäuden und Kulturgütern konzentriert. Das Hauptziel von Wiki Loves Monuments ist es, das Bewusstsein für den Schutz und die Dokumentation des kulturellen Erbes zu schärfen. Dazu werden qualitativ hochwertige Fotografien gesammelt und unter einer freien Lizenz in der Datenbank Wikimedia Commons veröffentlicht. Diese Fotos stehen der Öffentlichkeit zur Verfügung und können in Wikipedia-Artikeln und anderen Projekten verwendet werden.

Die internationalen Gewinnerbilder

Knapp 240.000 Fotos aus 56 Ländern wurden im vergangenen Jahr bei Wiki Loves Monuments eingereicht. Im März hat die Jury ihre Wahl getroffen und die schönsten Bilder ausgezeichnet. Hier kommen die Top 5. (Alle ausgezeichneten Bilder liegen auf Wikimedia Commons).

Die Gewinnerbilder aus Deutschland

Rund 16.000 Fotos wurden beim diesjährigen Fotowettbewerb Wiki Loves Monuments in Deutschland eingereicht. Eine Jury aus der Wiki-Community prämierte die eindrucksvollsten Aufnahmen von Kultur- und Baudenkmälern. Erstmals wurde 2024 auch der Sonderpreis „Kinderwelten“ vergeben. Alle Preisträger des Fotowettbewerbs finden Sie auf der offiziellen Wikipedia-Seite von Wiki Loves Monuments Deutschland. Das sind die drei Seigerbilder:

Wikimedia Commons frei nutzen

Alle Fotos der Wiki Loves-Wettbewerbe werden auf Wikimedia Commons hochgeladen – der weltweit größten Sammlung freier Medien. Dort stehen mittlerweile über 108 Millionen gemeinfreie und frei lizenzierte Fotos, Audio- und Videodateien zur Verfügung. Und das Beste daran: Diese Inhalte können nicht nur in alle Wiki-Projekte eingebunden, sondern auch von jedermann jederzeit und überall genutzt werden. Wie Sie auf Wikimedia Commons nach Bildern suchen, erfahren Sie hier.

Wiki Loves Earth 2024

Wiki Loves Earth (WLE) ist ein internationaler Fotowettbewerb, der sich dem Schutz und der Dokumentation von Naturerbestätten und Naturlandschaften widmet. Ähnlich wie bei Wiki Loves Monuments werden qualitativ hochwertige Bilder gesammelt und unter einer freien Lizenz auf Wikimedia Commons veröffentlicht. Ziel ist es, das Bewusstsein für die Bedeutung von Naturschutzgebieten und Naturdenkmälern zu stärken und eine umfangreiche Bilddokumentation der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Die Gewinnerbilder aus Deutschland

In Deutschland wurden in diesem Jahr insgesamt über 6.665 Fotos bei „Wiki Loves Earth“ eingereicht. Eine Jury bewertete die Beiträge und kürte die Gewinner in drei Kategorien: Detailaufnahmen, Landschaftsaufnahmen und der Sonderkategorie Feldränder und Feldgehölze. Auf der offiziellen Wikipedia-Seite von Wiki Loves Earth Deutschland sind alle Gewinner*innen des Fotowettbewerbs aufgeführt. Dies sind die jeweils drei schönsten Bilder, die in den Kategorien „Landschaftsaufnahmen“ und „Detail“ prämiert wurden:

Die internationalen Gewinnerbilder

Dieses Jahr erreichte der internationale Wettbewerbs Wiki Loves Earth mit der Teilnahme von 56 Ländern und Territorien einen neuen Rekord. Insgesamt wurden über 80.100 Beiträge von mehr als 3.800 Teilnehmern eingereicht. Hier sind jeweils die Top 3 in den Kategorien „Landschaftsaufnahmen“ und „Detail“:

Der richtige Lizenzhinweis: So funktionierts!

Bilder aus Wikimedia Commons können sowohl privat als auch kommerziell frei verwendet werden. Wichtig ist jedoch, den richtigen Lizenzhinweis anzugeben. Dabei hilft der Lizenzhinweisgenerator.

Wiki Loves Folklore 2024

Wiki Loves Folklore (WLF) ist ein internationaler Fotowettbewerb mit dem Ziel, die Vielfalt der Traditionen, Bräuche und Volkskulturen auf der ganzen Welt zu dokumentieren. Der Wettbewerb wird von Freiwilligen aus der Wikimedia-Community organisiert und hat zum Ziel, das reiche kulturelle Erbe der Menschheit fotografisch festzuhalten und frei zugänglich zu machen.

Die Gewinnerbilder aus Deutschland

Zur ersten Ausgabe des deutschen Wiki-Fotowettbewerbs „Wiki Loves Folklore“ wurden mehr als 2.600 Fotos zu Ritualen, Bräuchen und Traditionen eingereicht. Die 50 besten Aufnahmen wurden ausgezeichnet. Die drei Siegerfotos finden Sie hier:

Die Gewinnerbilder international

In diesem Jahr wurden weltweit insgesamt 41.038 Bilder von 1.921 Teilnehmern aus über 140 Ländern bei Wiki Loves Folklore eingereicht. Ihre beeindruckenden Beiträge fangen das reiche und vielfältige kulturelle Erbe der Welt auf eine wunderbare Weise ein. Hier sind die drei internationalen Gewinnerfotos:

#1 Tierisch witzig

Am 1. April 2008 strahlte die BBC einen Film aus, der eine biologische Sensation zeigte: Eine Kolonie Pinguine, die das Fliegen wieder erlernt hatte. Die Filmemacher hatten echte Adeliepinguine per Computeranimation zum Fliegen gebracht.

#2 Jahrhundertraub

Im Jahr 1905 berichtete das Berliner Tagblatt über eine Diebesbande, die unter dem US-Finanzministerium einen Tunnel gegraben und die Gold- und Silbervorräte gestohlen hatte. Die Scherzmeldung verbreitete sich schnell in Europa und den USA.

#3 Ulknudel

1957 behauptete eine britische Radioreportage, dass Nudeln in der Schweiz an Bäumen wachsen und begleitete eine Familie zur Nudelernte. Damals war Pasta in England kaum verbreitet. Aus diesem Grund – und weil der Reporter ein respektierter Journalist war – fielen zahlreiche Hörer*innen auf den Scherz rein.

#4 Hitzkopf

1995 berichtete die Zeitschrift Discover von einer neuen Tierart – irgendwas zwischen Maulwurf und Nacktmull. Der Heißköpfige Nackteisbohrer hat eine hohe Körpertemperatur und einen heißen Kopf und kann daher Gänge durch’s Eis bohren. Der Name des Entdeckers, Aprile Pallazzo, heißt auf Deutsch Aprilscherz.

#5 Do It Yourself

1962 erföffnete der schwedische Fernsehsender SVT den Zuschaenden, dass sie mit einer Nylonstrumpfhose ihrem Schwarz-Weiß-Fernseher ein Farbbild entlocken können. Der Moderator warf dabei mit so vielen Technischen und physikalischen Erklärungen um sich, dass viele Zuschauende den Scherz glaubten.

Mitmachen

Listen sammeln, sortieren und archivieren ist Ihr Ding? Dann könnte es Ihnen Spaß machen, zu Wikipedia, Wikimedia Commons oder Wikidata beizutragen! Lernen Sie, wie es geht! Mit der 30-Tage-Wikipedia-Challenge entdecken Sie Schritt für Schritt den Kosmos der Wikimedia-Projekte und werden ans Mitmachen herangeführt.

In unserer Serie „W wie Wiki-Wissen“ tauchen wir ein in die faszinierende Welt der deutschsprachigen Wikipedia mit ihren über drei Millionen Artikeln. Wir bringen euch verblüffende, skurrile und wissenswerte Fakten – sei es zu historischen Jahrestagen, bedeutenden Ereignissen oder aktuellen Diskussionen. Perfekt als Gesprächsstoff für das Abendessen, den Plausch in der Mittagspause, Familienfeiern oder jede andere Gelegenheit, bei der fundiertes Wikipedia-Wissen beeindruckt!

Die Benutzeroberfläche mit dem Namen Vector 2022 wurde von der Wikimedia Foundation in einem dreijährigen Prozess entwickelt. Sie bietet sowohl Lesenden als auch der Community zahlreiche Neuerungen: Layout und Navigation wurden angepasst, neue Elemente wie ein permanentes Inhaltsverzeichnis eingeführt und der Stil der gesamten Seite verändert. All das soll zu einer besseren Lesbarkeit beitragen und den Zeitaufwand für Scrollen, Suchen und Navigieren reduzieren. Wer aktiv in der Wikipedia mitarbeitet, kann ab sofort ein übersichtlicheres Benutzermenü nutzen, das leichter zu bedienen ist.

Diese Neuerungen kommen mit Vector 2022

Permanentes Inhaltsverzeichnis: In Artikeln besser navigieren

Das Inhaltsverzeichnis wurde in die linke Seitenleiste integriert und fährt jetzt beim Scrollen durch die Artikel mit. Lesende sehen somit jederzeit, in welchem Abschnitt sie sich gerade befinden und können leichter zwischen einzelnen Abschnitten springen.

Screenshot der neuen Benutzeroberfläche von Wikipedia mit dem Inhaltsverzeichnis.

Verbesserte Suchfunktion: Wissen einfacher entdecken

Mit der verbesserten Suchfunktion wird es einfacher, Wikipedia-Artikel zu finden. Sie liegt nun zentral über jedem Artikel, bietet eine Autovervollständigung und zeigt ein Vorschaubild sowie eine Kurzbeschreibung der gefundenen Artikel an.

Screenshot der neuen Benutzeroberfläche von Wikipedia mit verbesserter Suchfunktion

Besseres Leseerlebnis dank neuer Inhaltsbreite

Die Wikipedia-Artikel haben ab sofort eine maximale Zeilenlänge. Studien haben gezeigt, dass die Begrenzung der Inhaltsbreite zu einem besseren Leseerlebnis und einer besseren Erfassung des Inhalts führt. Die Textblöcke sind jetzt schmaler und somit kompakter und besser lesbar. Neben der Standardvariante ist eine breite Darstellung weiterhin verfügbar.

Sreenshot der neuen Benutzeroberfläche von Wikipedia mit maximaler Zeichenlänge.

Dark Mode: Entlastung für die Augen

Schon seit vielen Jahren zählt der Dark Mode zu den meistgewünschten Funktionen von Wikipedia-Nutzer*innen. Jetzt ist die dunkle Anzeige auch für Lesende verfügbar, die diese mit einer Auswahl der Farbe „Dunkel“ im Menü „Erscheinungsbild“ in der rechten Navigationsleiste aktivieren können. Die Funktion verbessert durch eine Umgebung mit geringen Kontrasten die Barrierefreiheit und verringert die Belastung der Augen für Lesende und die Communitys der Wikimedia-Projekte. Sie steht auch mobil zur Verfügung.

Screenshot der neuen Benutzeroberfläche von Wikipedia mit Dark-Mode

Einklappbare Menüs: Konzentration auf den Inhalt

Je nach Vorliebe können die Menüs ein- und ausgeklappt werden. Wer Artikel gern ohne jede Ablenkung lesen möchte, kann zum Beispiel das umfangreiche linke Seitenmenü ausblenden. Gleiches gilt für das Hauptmenü, über das man direkt zu den Themenportalen oder zu wichtigen Bearbeitungsfunktionen gelangt. Auch das Inhaltsverzeichnis des jeweiligen Artikels ist ein- und ausklappbar.

Screenshot der neuen Benutzeroberfläche von Wikipedia mit ausgeblendetem Seitenmenü

Sprachauswahl leichter finden

Viele Menschen lesen Wikipedia-Artikel in mehr als einer Sprachversion. Damit der Wechsel zwischen bis zu 300 Sprachversionen leichter wird, ist die Sprachauswahl jetzt in die Titelzeile der Artikel gewandert.

Screenshot der neuen Benutzeroberfläche von Wikipedia mit Sprachauswahl

Fixierte Kopfzeile: Weniger Scrollen

Für eingeloggte Wikipedia-Autor*innen bleibt der neue Header dauerhaft sichtbar, während sie weiterscrollen. Die fixierte Kopfzeile bietet ständigen Zugriff auf wichtige Funktionen wie die Versionsgeschichte eines Artikels, die Diskussionsseite und verschiedene Bearbeitungsfunktionen – man muss jetzt nicht mehr zum Anfang der Seite zurückkehren, sondern kann ohne Unterbrechung lesen oder bearbeiten.

Screenshot der neuen Benutzeroberfläche von Wikipedia mit fixierter Kopfzeile

Jahrelange Entwicklung mit weltweiter Beteiligung

„Vector 2022“ wurde von der Wikimedia Foundation in den USA entwickelt und ist seit 2023 in den allermeisten Wikipedia-Sprachversionen aktiv, allen voran der englischsprachigen Wikipedia. Das neue Design ist das Ergebnis einer Vielzahl von Gesprächsrunden mit Gruppen und Freiwilligen aus der weltweiten Wikimedia-Bewegung und tausenden Rückmeldungen von Nutzenden. Besonders wichtig dabei: die Barrierearmut. Von Anfang an wurde mit dem Feedback von Menschen mit verschiedenen Beeinträchtigungen an den neuen Features gearbeitet. Tests mit der Amerikanischen Blindenstiftung mit verschiedenen Bildschirmlesegeräten ergaben deutliche Verbesserungen durch die neue Benutzeroberfläche.

Vector 2022 – Hilfestellung und FAQ

Wer sich mit den Feinheiten des neuen Benutzeroberfläche vertraut machen möchte, findet weitere Informationen auf dieser Hilfeseite. Dort gibt es auch eine Übersicht über die Entwicklungsgeschichte der Benutzeroberfläche sowie weiterführende Links, u .a. zu einer Dokumentation des Projektes sowie einem FAQ, das die Wikimedia-Foundation zusammengestellt hat.

3.000.000 Seiten Wissen – eine Gemeinschaftsleistung

In der Community stieg die Spannung in den letzten Wochen enorm. Viele Autor*innen beobachteten den Countdown zum nächsten Meilenstein genau. Wenn viele gleichzeitig auf Veröffentlichen klicken, ist es nicht mit 100%iger Sicherheit klar, welcher Artikel tatsächlich der Dreimillionste ist. Um zu einem möglichst genauen Ergebnis zu kommen, wird der offizielle Meilensteinartikel gemeinschaftlich ermittelt. Dies geschieht mit Hilfe einer Spezial-Seite, die die Artikel zählt. Tatsächlich sind innerhalb von einer Minute elf Artikel erschienen, zwei sogar in derselben Sekunde. Mit wenigen Millisekunden Vorsprung ist der Artikel zum Animationsfilm Grand Prix of Europe der Dreimillionste geworden.

Natürlich ist es etwas Besonderes, den dreimillionsten Artikel in der deutschsprachigen Wikipedia angelegt zu haben. Vor allem freut mich aber, dass Wikipedia diesen Meilenstein erreicht hat und weiterhin wächst.“
Benutzer Superanton, Autor des dreimillionsten Artikels

Auf die Frage, ob er es darauf angelegt hatte, den dreimillionsten Artikel zu schreiben, gibt Superanton zu, dass dem so sei: „Ich habe kurz zuvor in der englischsprachigen Wikipedia den Artikel zum Film gelesen und gesehen, dass es noch keinen Artikel in der deutschsprachigen Wikipedia gibt. Daher habe ich ihn kurzfristig angelegt. Als mir dann auffiel, dass Wikipedia kurz vor dem dreimillionsten Artikel stand, habe ich tatsächlich mit dem Abschicken gewartet, um vielleicht genau diesen Meilenstein zu treffen. Offenbar hatte ich Glück.“

Franziska Heine, geschäftsführende Vorständin von Wikimedia Deutschland, gratuliert der gesamten ehrenamtlichen Wikipedia-Community zu diesem Meilenstein: „Jeder einzelne Artikel, jede erstellte Grafik, jedes hochgeladene Foto zeugt vom unermüdlichen Engagement unserer Community. Gerade in Zeiten von Desinformation ist die Wikipedia als Quelle für verlässliche, faktenbasierte Informationen bedeutender denn je.“

Meilensteine der deutschsprachigen Wikipedia

  • 2001: Gründung der deutschsprachigen Wikipedia.
  • 2004: Es werden zwei Artikel zum 100.000. erklärt: Kiebitz (Art) und Opel Laubfrosch.
  • 2009: Der 1.000.000. Artikel (über den Botaniker Ernie Wasson) wird veröffentlicht.
  • 2016: Der 2.000.000. Artikel (über das Mineral Michenerit) wird veröffentlicht.
  • 2025: Der 3.000.000. Artikel – ein bedeutender Schritt auf dem Weg zu einer noch umfassenderen Enzyklopädie.

Seit der Gründung der deutschsprachigen Wikipedia hat sich die Zahl der Artikel stetig erhöht. Die Anzahl täglich neu erstellter Artikel erreichte 2013 ihren Höhepunkt. Die Anzahl der aktiven Mitwirkenden, die an der Verbesserung und Erweiterung der Inhalte mitarbeiten, beträgt aktuell ca. 6000 mit mehr als fünf Edits im Monat und ca. 50.000, die mindestens eine Bearbeitung im Monat machen. Mit der steigenden Zahl der Artikel steigt auch der Aufwand, diese aktuell und Instand zu halten. Die Community ist auf neue, dauerhaft Beitragende angewiesen.

Die 30-Tage-Wikipedia-Challenge

Wikipedia Globus im Weltraum

Wer wissen will, wie Wikipedia und Co. funktionieren, erfährt dies mit 30 E-Mails und 30 Missionen. Die Challenge zeigt, wie Millionen von Freiwillige Wikipedia gestalten, welche Geschichte dahinter steckt und wie alle gemeinsam an einem Ziel arbeiten: das Wissen der Menschheit für alle frei zugänglich zu machen.

Am Samstag war Internationaler Frauentag und das Finale der #100womendays. Das Ziel des Schreibprojekts: An hundert Tagen im Vorfeld des Weltfrauentags soll mindestens ein Wikipedia-Artikel pro Tag entstehen, der die Leistungen von Frauen sichtbar macht. Dieses Ziel hat die Community schon längst übertroffen: Im vergangenen Jahr entstanden 1841 neue Artikel. Am Samstag stand der Zählerstand der diesjährigen Runde auf 2726. Darunter 2582 Biografien und 144 Artikel zu frauenbezogenen Themen. Es sind Artikel zu ganz unterschiedlichen Personen entstanden: Sportlerinnen, Politikerinnen, Aktivistinnen, Autorinnen, Medizinerinnen, Comiczeichnerinnen oder Künstlerinnen.

131 Wikipedia-Aktive haben mitgemacht. Darunter hat Wikipedianerin Itti die meisten Artikel erstellt: 286 – größtenteils zu Künstlerinnen verschiedenster Disziplinen, aber auch Widerstandskämpferinnen, Nonnen und Hexen aus den Niederlanden.

Neben den 2726 Artikeln wurden auch etliche Fotografien zu den Biografien hinzugefügt.

Hallo Itti, wie bist du darauf gekommen, speziell über Niederländerinnen zu schreiben?

Itti: Im August 2023 fand eine GLAM-on Tour-Veranstaltung in Potsdam, im Museum Barberini statt.Das Thema war Impressionismus in den Niederlanden. Im Anschluss haben Alraunenstern und ich angefangen Artikel zu niederländischen Malerinnen zu schreiben. Daraus entstanden bereits im letzten Jahr viele Artikel, die in die 100-Women-Days eingeflossen sind. So hat Alraunenstern im letzten Jahr 103 und ich 193 Artikel beigesteuert. Gemeinsam haben wir erreicht, dass die Niederlande die „Nationenwertung” angeführt haben. In diesem Jahr haben wir unseren Einsatz erneut aufgenommen: Nachdem die Artikel über die bildenden Künstlerinnen recht erschöpfend behandelt waren, haben wir noch Widerstandskämpferinnen, Bildhauerinnen, Fotografinnen, Dichterinnen, Stifterinnen, Schauspielerinnen des 17., 18. und 19. Jahrhunderts, Tänzerinnen, Kauffrauen, Nonnen, Hexen und viele weitere Frauen für die Wikipedia erschlossen.

Was fasziniert dich an der Artikelarbeit zu diesen Frauen?

Es ist spannend, sich auf die Kultur eines Landes zu konzentrieren. Ich habe festgestellt, wie klein die Welt ist, wenn sich Verbindungen zwischen den Personen, über die ich schreibe, – seien es persönliche, aber auch geschäftliche, soziale und politische, entwickeln. Die Menschen, die einem zunächst fremd sind, entfalten faszinierende Lebensgeschichten. Es ist auch spannend, wie sich Themen, sei es die Schauspielerei, über die Jahrhunderte entwickelt haben: wer hat von wem gelernt? Wie war die Ausbildung organisiert? Wie wurde Wissen weitergegeben? Gleichzeitig habe ich sehr viel über die Geschichte der Frauenrechtsbewegung erfahren: man lernt die handelnden Frauen kennen, die Frauen, die die Anfänge gestaltet haben, die Frauen, die den Staffelstab aufgenommen haben, die Frauen, die erreicht haben, dass Frauen z. B. das Wahlrecht erringen konnten, dass sie in politische Ämter gewählt wurden. Aber auch zu sehen, dass dieser Kampf bis heute andauert, zum Beispiel beim Kampf um das Abtreibungsrecht.

Ich habe festgestellt, wie klein die Welt ist, wenn sich Verbindungen zwischen den Personen, über die ich schreibe, – seien es persönliche, aber auch geschäftliche, soziale und politische, entwickeln. Die Menschen, die einem zunächst fremd sind, entfalten faszinierende Lebensgeschichten.

Warum machst du bei den 100womendays mit?

Es ist mir ein Anliegen, gezielt etwas für die Sichtbarkeit von Frauen zu tun. Frauen haben immer Vielfältiges und auch Spannendes geleistet, leider wurden sie oft nicht gesehen. So wurden viele Kunstwerke von Malerinnen ihren Vätern, Brüdern oder Ehemännern zugeschrieben. Aber es ist auch sehr lustig und motivierend, mit anderen zusammenzuarbeiten, um den täglichen Artikelzähler in „unermessliche” Höhen zu treiben. Vor allem, wenn man dann noch die Liste anführt ;). Bereits im Vorfeld hatte ein geschätzter Kollege mir den „Fedehandschuh“ hingeworfen und so haben wir einen fairen Wettstreit aufgenommen. He3nry ist ebenfalls mit einer tollen Leistung von 208 Artikeln in den 100 Tagen auf Platz zwei gelandet.

Die Artikelarbeit muss ja viele Stunden und Tage Zeit gekostet haben. Was hat dir dieser Einsatz gebracht?

Nun, ich kann inzwischen niederländisch recht gut lesen und auch verstehen, wenn jemand nicht zu schnell spricht, was ich im letzten Sommer an einer niederländischen Teilnehmerin der Wikimania ausprobieren durfte. Das hat mir doch allergrößte Freude bereitet.

Wir gratulieren Itti und allen, die bei den 100womendays mitgemacht haben, herzlich zu diesem Erfolg!

GLAM – Galleries, Libraries, Archives, Museums

In institutionellen GLAM-Kooperationen schreiben Freiwillige der Wikimedia-Projekte Artikel für die Wikipedia, machen Fotos für Wikimedia Commons oder nutzen vorhandenes Material, um es der Öffentlichkeit verfügbar zu machen. Diese Form der Zusammenarbeit zwischen Community und Kultur- oder Gedächtnisinstitution findet sowohl vor Ort in Workshops,  als GLAM On Tour oder in Form einer Wikipedianische KulTour – vor Ort oder aber digital von zu Hause aus statt.

Open Data als Schlüssel für Zugang, Vernetzung und Transparenz

Wissen, Daten und Software, die in Verwaltungen oder Ministerien entstehen, werden mit öffentlichen Mitteln finanziert. Sie sollten daher auch der Öffentlichkeit zur freien Wiederverwendung zur Verfügung stehen. Wikipedianer*innen können dieses Wissen in der freien Enzyklopädie teilen. Aber auch Forschende, Journalist*innen oder Verwaltungen selbst profitieren davon, wenn mehr Informationen gut auffindbar und frei zugänglich sind.

Rechtsanspruch auf Open Data

Wir brauchen ein Bundestransparenzgesetz, das öffentliche Institutionen dazu verpflichtet, Informationen von sich aus öffentlich und digital bereitzustellen. Wenn Verwaltungen Daten von sich aus offen, maschinenlesbar und vernetzt zur Verfügung stellen, schafft das Transparenz. Sie fördert Vertrauen in Regierungs- und Verwaltungshandeln und trägt zur Modernisierung der Verwaltung bei. Das Transparenzgesetz schaffte es in der vergangenen Legislatur nur bis zu einem Entwurf und sollte sofort erneut begonnen werden.

„Öffentliches Geld, öffentliches Gut“

Was maßgeblich mit öffentlichen Mitteln finanziert wurde, muss der Öffentlichkeit frei zur Verfügung stehen. Doch dafür braucht es entsprechende rechtliche und politische Rahmenbedingungen. Wikimedia Deutschland setzt sich dafür ein, dass Archivinhalte, öffentlich beauftragte Software, digitalisierte Bestände von Kulturinstitutionen und vieles mehr für alle frei nutzbar sind.

Freie Software priorisieren

Der Staat sollte auf Freie Software setzen. Sie ist ein wiederverwendbares öffentliches Gut und die öffentliche Hand fördert so gemeinwohlorientierte IT-Strukturen, Transparenz sowie die eigene Unabhängigkeit von Tech-Giganten. Menschen, die beispielsweise ehrenamtlich Softwareprojekte oder Apps entwickeln, können diese Software ebenfalls nutzen.

Weitere Informationen zu offenen Daten und freien Lizenzen

Demokratie und digitale Zivilgesellschaft stärken

Die freie Enzyklopädie Wikipedia verdeutlicht es jeden Tag: Digitale Ehrenamtsarbeit erbringt einen unschätzbaren gesellschaftlichen Nutzen. Im letzten Jahr wurde das digitale Ehrenamt erstmals als eigenständige Engagementform in der Engagementstrategie der damaligen Bundesregierung genannt. Am Gemeinnützigkeitsrecht hat die Regierung aber trotzdem nichts geändert. Viele tausend Menschen engagieren sich außerdem ehrenamtlich für Menschenrechte, soziale Gerechtigkeit und Demokratie. Unser Ziel ist es, eine gemeinwohlorientierte Digitalisierung zu fördern, die auf den Prinzipien Offenheit, Transparenz, Teilhabe, Zugang sowie dem Schutz der Grund- und Menschenrechte basiert.

Digitales Ehrenamt fördern

Die ehrenamtliche Entwicklung von Software, Apps oder Plattformen und anderer digitale Projekte wie OpenStreetMap oder Wikipedia erzeugen täglich gesellschaftlichen Mehrwert. Sie werden in der Abgabenordnung bisher nicht als gemeinnützig anerkannt. Dabei sind sie Infrastrukturen für das Gemeinwohl und verdienen als solche Anerkennung und Förderung.

Reform des Gemeinnützigkeitsrechts

Viele tausend Menschen engagieren sich ehrenamtlich für Menschenrechte, soziale Gerechtigkeit und Demokratie. Sie brauchen Rechtssicherheit. Politisches Engagement im Sinne des Vereinszwecks sollte daher als gemeinnützig anerkannt werden.

Weitere Informationen zur Förderung von digitalem Ehrenamt

Verwaltungsdigitalisierung von Grund auf denken

Wenn Wissen, Daten und Software digital frei verfügbar sein sollen, braucht es entsprechende digitale Infrastrukturen – zum Beispiel in der Verwaltung. Um die systematische Veröffentlichung offener Daten zu ermöglichen, muss die Politik verschiedene Hebel in Bewegung setzen, um die notwendige Basis für eine moderne Verwaltung zu legen. Punkt eins aus der Agenda: Eine solide Daten- und IT-Grundlage auf dem Stand der Technik. Das schafft nicht nur die Grundlage dafür, Informationen aus Behörden als Open Data bereitzustellen. Behörden können so zudem die Potenziale deutlich vereinfachter interner Verfahren nutzen.

Digitalisierung als Führungsaufgabe

Für eine moderne Verwaltung braucht es zunächst strategische Ziele mit klarer Verantwortlichkeit, einem langfristigen Budget und Erfolgskontrollen.

Kompetenzaufbau in der Verwaltung

Um die öffentliche Hand zum Aufbau der notwendigen Infrastrukturen für die automatisierte Bereitstellung offener Daten zu befähigen, muss der interne Aufbau von IT-Kompetenz als strategische Aufgabe gesehen werden.

Weitere Informationen zu Open Data und Verwaltungsdigitalisierung

Digitale Bildung braucht mehr als Internet und Whiteboards

Wikimedia Deutschland setzt sich für freien Zugang zu Wissen ein, indem wir Wikimedia Projekte und Ehrenamtlich fördern – aber auch darüber hinaus. So zum Beispiel im bildungspolitischen Bereich. Im Sinne einer freien und digitalen Weiterverwendung von Wissen fordern wir von Politikschaffenden, dass offene Bildungsmaterialien in der Lehrkräfteausbildung und im Unterricht fest verankert werden. Offene Bildungsangebote und -infrastrukturen können kostenlos genutzt, für eigene Bedarfe angepasst, vervielfältigt und weitergegeben werden. Sie sind die Grundlage für einen freien Zugang zu Bildung und fördern damit  Chancengerechtigkeit. Die Bundesregierung kann diese Formen von Offenheit ermöglichen, indem sie entsprechende rechtliche, finanzielle und strukturelle Rahmenbedingungen schafft. Sie sollte sich daher im Koalitionsvertrag die folgenden Ziele setzen:

Digitalpakt 2.0 nachhaltig gestalten

Bildungspolitik muss die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Schulen und Schulverwaltungen interne IT-Expertise aufbauen können – für die Beschaffung geeigneter freier Softwarelösungen und für deren Wartung. Es braucht nachhaltige Hardware ohne Produktbindung, die unter Mitbestimmung der nutzenden Gruppen beschafft wird.

Offene Bildungsmaterialien (OER) fördern

2022 hat der Bund mit der OER-Strategie einen wichtigen Meilenstein gesetzt. Damit diese Strategie umgesetzt werden kann, ist die finanzielle und rechtliche Unterstützung der OER-Community notwendig.

Offene und gemeinwohlorientierte Bildungsinfrastrukturen stärken

Die neue Führung im Bundesministerium für Bildung und Forschung sollte den Auf- und Ausbau digitaler Bildungsinfrastrukturen mit besonderem Schwerpunkt auf quelloffener, freier Hard- und Software mit Investitionen fördern. Das stärkt das Gemeinwohl.

Mehr Informationen zu freier und offener Bildung

Digitalpolitik europäisch und international gestalten

Digitalpolitik wird zunehmend auch auf internationaler oder euopäischer Ebene gemacht. Der Digital Services Act, dessen Regelungen auch die Wikipedia betreffen, ist nur ein Beispiel dafür. Wir sind überzeugt, dass nur eine am Gemeinwohl orientierte Digitalpolitik eine offene, freie und sichere digitale Zukunft ermöglichen kann. Auf EU-Ebene müssen daher der Schutz demokratischer Strukturen, die Förderung digitaler Gemeingüter, die Einhaltung der Menschenrechte sowie die Bedürfnisse von Internetnutzenden, Medienschaffenden und benachteiligten Gruppen im digitalen Zeitalter im Vordergrund stehen. Die neue Bundesregierung und der oder die neue Digitalminister*in sollte sich daher für folgende Positionen stark machen:

Gemeinwohlorientierte digitale Infrastruktur

Wikipedia, OpenStreetMap, das Fediverse mit Mastodon und Co. – das sind nur einige Beispiele für gemeinnützige und offene digitale Projekte. Ebenso wie freie und offene Software brauchen sie mehr Förderung und Schutz. Dafür sollte sich die neue Bundesregierung auch auf europäischer Ebene einsetzen.

Stärkung der Zivilgesellschaft

Wenn es um digitalpolitische Entscheidungen geht, sitzen oft die großen Tech-Unternehmen mit am Tisch. Die Interessen der Nutzenden digitaler Plattformen oder deren demokratische Kontrolle stehen daher nicht automatisch im Mittelpunkt.  Um die Interessen der von uns als Nutzende und die Expertise aus der Zivilgesellschaft zu vertreten, müssen ihre Vertreter*innen in internationalen Gremien wirksam beteiligt werden.

Digital Knowledge Act

Ein Digital Knowledge Act bestünde aus einem Bündel an Regelungen, die es Wissens- und Bildungseinrichtungen ermöglichen, ihrem Auftrag endlich auch online effektiv gerecht zu werden. Dazu gehört zum Beispiel ein sekundäres Veröffentlichungsrecht für Forschung. Damit könnte öffentlich finanzierte Forschung nicht mehr nur zitiert, sondern auch verlinkt und von Forschern, Journalisten und allen Bürgern abgerufen werden. Aber auch ein EU-weites Recht auf elektronische Ausleihe. So könnten Bibliotheken Werke in digitalen Formaten unter den gleichen Bedingungen wie Werke in physischer Form ausleihen, was ihnen derzeit verwehrt ist.

Weitere Informationen zu europäischer Digitalpolitik für Freies Wissen

Der erste Stolperstein wurde in Deutschland 1992 verlegt. Eine Messingtafel auf einem Betonwürfel ins Straßenpflaster vor dem Kölner Rathaus eingelassen. Damit begann das ambitionierte, inzwischen enorm gewachsene und immer noch andauernde Gedenk-Projekt des Künstlers Gunter Demnig. Er möchte damit an die Opfer des Nationalsozialismus erinnern. Die Stolpersteine werden meist vor dem letzten frei gewählten Wohnsitz oder der letzten Wirkungsstätte von Opfern des Nationalsozialismus verlegt. Inzwischen existieren europaweit etwa 116.000 Stolpersteine.

Der Stolperstein für Teresa Savino im Parco del Quintino in der italienischen Stadt Bergamo ist einer der vielen Stolpersteine außerhalb Deutschlands. Savino versorgte mit einer Freundin Menschen, die aus der Haft der Faschisten und Nationalsozialisten geflohen waren. Sie wurde deswegen von einem deutschen Militärgericht zu einer Haftstrafe verurteilt und kam 1944 nach Hagenau. Sie musste Zwangsarbeit für die deutsche Industrie in Ebersbach leisten und wurde am 22. April 1945 von alliierten Streitkräften befreit. Teresa Savio starb nach einem Autounfall am 27. Mai 1945 im Göppinger Krankenhaus.

Natürlich gibt es zu den einzelnen Verlege-Orten in Deutschland und Europa zahlreiche Listen in der Wikipedia. Im Medienarchiv Wikimedia Commons sind viele der Gedenksteine fotografisch dokumentiert, in der freien Wissensdatenbank Wikidata existieren Einträge, die unter anderem Angaben zu den Personen, Verlege-Daten oder den geografischen Koordinaten enthalten. Die Stolpersteine scheinen gut dokumentiert zu sein.

Ein Projekt mit Botschaft

Allerdings waren diese Informationen bislang nicht oder nur teilweise miteinander verknüpft. Daher hat eine Gruppe von Wikipedianer*innen um die Initiatoren Nortix08 und Cookroach das kollaborative Projekt mit dem Arbeitstitel „Stolpersteine goes Wikidata“ angeschoben. Die Vision des Vorhabens ist es, alle Stolpersteine und die Informationen zu Personen und Lage sowie die Bilder digital verfügbar zu machen und miteinander zu verbinden. Und zwar „indem wir die drei Welten Wikipedia, Commons und Wikidata thematisch zusammenführen“, so Cookroach. Startschuss war eine Präsentation des Themas auf der WikiCon 2024.

Als einen der Impulse für das Vorhaben beschreibt er den Zukunftskongress 2024 in Nürnberg. Dort hätten viele Teilnehmende beklagt, dass die einzelnen Communitys der Wikimedia-Projekt oft mit Tunnelblick nebeneinander her arbeiten. „Wir wollen mit unserem Projekt auch zeigen, dass es einen Mehrwert für alle ergibt, in den drei Schwester-Projekten parallel ein Thema voranzubringen“, erklärt Cookroach.

Wobei natürlich auch die Bedeutung der Stolpersteine eine Rolle spielt: „Wenn man so ein Projekt angeht, sollte es eine klare Message haben“, betont der Wikipedianer. Die Auseinandersetzung mit dem Erbe des Nationalsozialismus, Erinnerungskultur im digitalen Zeitalter und dem Gedenken an die Opfer sei gerade angesichts eines zunehmend rechtspopulistischen Zeitgeistes auch ein Statement.

Die Dringlichkeit eines solchen Zeichens wurde Cookroach zuletzt noch deutlicher bewusst bei Besuchen in der Gedenkstätte Buchenwald, oder im Museum Auschwitz-Birkenau während der Wikimania 2024 in Katowice: „Wir wollen vermitteln, dass wir Verantwortung für die Geschichte tragen – we must never forget all these victims“. Zum Plan gehört es, in einer späteren Projektphase jeder Person, der mit einem Stolperstein gedacht wird, einen biografischen Eintrag in den Wikis zu widmen – damit die Geschichten der Opfer nicht vergessen werden.

Fortschritt dank Technik & Community

Cookroach – dessen Leidenschaft es ist, „in Wikidata Objekte mit Koordinaten zu versehen“ – begann schon vor einigen Jahren, die Einträge der Stolpersteine in der freien Datenbank zu vervollständigen. Über einen Kontakt zum lokalen Raum Wikipedia:Hannover lernte er Nortix08 kennen, der sich in Niedersachsen mit den dortigen Stolpersteinen beschäftigt. Aus dieser Begegnung entstand die Idee zum Projekt der digitalen Verfügbarmachung der Messingtafeln – und zur Vernetzung von Informationen zu den Steinen und den Menschen, an die sie erinnern. Eins ist den Initiatoren wichtig: Es soll ein gemeinsames Community-Projekt werden. Vorgestellt haben die beiden es erstmals auf der WikiCon 2024.

„Stolpersteine goes Wikidata“ soll in drei Phasen verlaufen. Im ersten Schritt geht es darum, sämtliche Stolpersteine als Objekte in der freien Datenbank anzulegen. „Damit wir diese Arbeit nicht komplett händisch erledigen müssen, nutzen wir das Tool OpenRefine, mit dem sich mehrere Objekte gleichzeitig anlegen lassen“, erklärt Cookroach. „Allein in Frankfurt am Main gibt es etwa 2.000 Stolpersteine, jeder davon sollte als Daten-Objekt circa 16 Eigenschaften besitzen, die in einem Schema vereinbart wurden.“ Die entsprechenden Wikipedia-Listen einzeln abzutippen, würde enorm viel Zeit in Anspruch nehmen. „Mit technischen Hilfsmitteln und in gemeinsamer Arbeitsteilung im Team geht es aber voran.“

Seit Cookroach im Mai 2024 begann, die Stolperstein-Datenobjekte anzulegen, „hat sich ihre Zahl in Wikidata auf heute fast 36.000 verdoppelt – und wir haben ja gerade erst begonnen! Das war nur im Team schaffbar“. Das Ziel der ersten Projektphase sei es, etwa 50 Prozent der aktuell rund 116.000 Stolpersteine anzulegen.

Optimierbare Suchergebnisse

Die zweite Phase soll sich – voraussichtlich ab 2026 – auf Wikimedia Commons fokussieren. Das Ziel ist, die vorhandenen und noch hochzuladenden Bilder der Stolpersteine neu zu sortieren und in Kategorien zu ordnen. „Bislang sind die Stolpersteine in Commons nach Städten oder Gemeinden gruppiert. Aber man findet unter 2000 Bildern aus Frankfurt am Main nicht ein bestimmtes“, so Cookroach. Der Plan: „Wir ordnen jedem Bild die strukturierten Daten des zuvor angelegten Wikidata-Objekts zu und geben jedem Stolperstein eine Kategorie, zum Beispiel: ‚Stolperstein für Person X in Stadt Y‘“. Der große Vorteil: Bei einer Namenssuche in Suchmaschinen sind die entsprechenden Bilder dadurch schneller auffindbar.

Die angelegten Commons-Kategorien können dann mit Hilfe der Vorlage „Wikidata Infobox“ mit den dazugehörigen Datenobjekten verbunden werden. Die Vorlage enthält weitere Informationen und Verknüpfungen – zum Beispiel zu Biografien oder Wikipedia-Artikeln. „Das erhöht die Suchrelevanz erheblich und schafft eine Verbindung zwischen den Projekten”, beschreibt Cookroach. Bezüglich der Recherche zu den Biografien ist er optimistisch: „In vielen Orten existieren regionale Vereine und Initiativen, die Informationen zu den Stolpersteinen sammeln und veröffentlichen. Zusätzlich sind wir dabei, ein umfangreiches Quellenverzeichnis zur Recherche zusammenzustellen, das wir dann allen Autoren zur Verfügung stellen können.“ Dazu zählen Websites wie yadvashem.org, arolsen-archives.org oder holocaust.cz.

Zukünftige Wikis mitgestalten

Die dritte Phase soll frühestens Ende 2026 beginnen, sobald auch bei Commons ungefähr 50 Prozent der Stolpersteinbilder kategorisiert und strukturiert sind. Sie umfasst Angebote an die Community zu Verbesserungen in der Wikipedia: „Das Vorlagen-basierte Erstellen von Tabellen steht als Option ebenso zur Diskussion wie Visualisierungen mit Hilfe von Tools und Karten“, so Cookroach. „Selbst eine Webanwendung in Form einer App könnte sich daraus entwickeln – wir sind da offen.“

Jeder Teilabschnitt des Projekts soll transparent via Dashboards dokumentiert werden, was unter anderem zukünftigen Beteiligten helfen kann, sich schnell einzuarbeiten. Denn natürlich sind Mitstreiter*innen willkommen, die sich an den einzelnen Phasen von „Stolpersteine goes Wikidata“ beteiligen wollen. Arbeit gibt es genug: „Neben der Quellenrecherche zu den fehlenden Biografien muss auch einiges händisch erledigt werden, zum Beispiel die Verlinkung der Quellen, die Kontrolle der Koordinaten oder die Verknüpfungen zu bereits vorhandenen Datenobjekten wie Personen, Straßen und Gebäuden”, beschreibt Cookroach. „Wie in der Wikipedia haben auch wir uns im Projekt Qualitätskriterien gesetzt, die es zu erfüllen gilt.“

Worauf es Cookroach und dem mittlerweile 10-köpfigen Projektteam ankommt: „Unser Projekt soll ein Leuchtturm dafür sein, wie man mit der Wiki-Technologie Sinnvolles zu einem Thema entstehen lassen kann. Wir möchten Andere inspirieren, sich mit ihren eigenen Themen ebenso zu engagieren und über den Tellerrand hinauszublicken“. Ob das gelinge, werde sich spätestens zur WikiCon 2027 zeigen, wo die Ergebnisse dann vorgestellt werden sollen. Derweil entwickelt Cookroach schon weitere Ideen: „Warum nicht auch alle Gedenkstätten digital abbilden, oder die Orte der Zwangsarbeit sichtbar machen? Wir haben viele Pläne. Aber jetzt erstmal Schritt für Schritt.“

Scrollen ohne Algorithmen: WikiTok macht’s möglich

Wednesday, 5 March 2025 13:23 UTC

Doomscrolling nennt sich stundenlanges Scrollen durch Feeds und Videos mit negativen Nachrichten in den sozialen Medien. Anschließend fühlt man sich erschöpft und leer und selten hat man wirklich etwas gelernt. Zudem hat man dafür gesorgt, dass die Plattform dank der Algorithmen noch mehr negative Inhalte und Werbung anzeigt, die scheinbar zu einem passen. Das muss nicht mehr sein, denn jetzt gibt es WikiTok.

So funktioniert WikiTok

Scrennshot WikiTok

Die Seite von GitHub Entwickler Isaac Gemal vereint, wie der Name schon sagt, TikTok und Wikipedia: WikiTok nutzt die Schnittstelle zur Wikipedia, die Wikipedia-API, um Artikel in einem vertikalen Scroll-Interface bereitzustellen.

Jeder Artikel wird mit einem Bild aus dem entsprechenden Wikipedia-Eintrag angezeigt. Passend zur Aufmerksamkeitsspanne der Nutzenden kann schnell weiter gescrollt werden – oder, wer mehr erfahren möchte, klickt auf den jeweiligen Artikel.

Die Abfolge der Artikel ist zufällig – keine Chance für Algorithmen. Gemal argumentiert, dass es wichtig sei, einen Ort zu haben, der frei von manipulativen Mechanismen ist. Eine Entscheidung, ganz im Sinne der Wikipedia.

Die von Gemal entwickelte Software ist Open Source: jede und jeder darf sie nutzen, bearbeiten und weiterentwickeln. Gibt man WikiTok in den AppStores ein, finden sich einige Apps, die das WikiTok Prinzip nutzen.

Viel Spaß im Wikipedia-Rabbit-Hole auf Tiktokisch!

Data Reuse Days 2025: Mit offenen Daten weltweit nützliche Anwendungen fördern

Namibia, Portugal, Kanada – insgesamt 267 Teilnehmer*innen aus der ganzen Welt nahmen an dem zweiwöchigen Online-Event teil. Sie wollten wissen, wie sie den vielfältigen Datenschatz von Wikidata für eigene Projekte nutzen können. Die Bandbreite der Themen war groß. Bei den 28 Sessions wurde keine wichtige Frage zur Nutzung von Wikidata-Daten ausgelassen.Vor allem war die Veranstaltung ein Fest der offenen Daten und der praktischen Anwendungen, die durch ihre Wiederverwendung entstehen. Drei nützliche Beispiele stellen wir vor.

Was ist Wikidata?

Wikidata ist eine offene, frei bearbeitbare Datenbank, die strukturierte Daten über die Welt sammelt – von Orten und Persönlichkeiten bis hin zu wissenschaftlichen Konzepten. Anders als herkömmliche Datenbanken hat Wikidata jedoch die Struktur eines Wissensgraphen, in dem Informationen nicht in starren Tabellen, sondern als miteinander verknüpfte Knoten gespeichert sind. Dies ermöglicht komplexe Abfragen wie „zeige alle Nobelpreisträger, die in Berlin geboren wurden“. Dank offener Daten kann Wikidata flexibel in vielen Projekten eingesetzt werden.

Andrew McAllister: Schreiben ohne Sprachbarriere

Andrew ist Datenanalyst für Wikidata bei Wikimedia Deutschland und Open-Source-Enthusiast. Wenn er nicht mit Daten jongliert,  engagiert er sich unter anderem bei activist.org, einer Plattform für progressiven politischen Wandel. Auf den Data Reuse Days 2025 stellte er Scribe vor, eine Tastatur-Anwendung, die das Schreiben in einer Fremdsprache erleichtert.

Wer eine Fremdsprache lernt, kennt das Problem: Man muss ständig nach Wortbedeutungen oder Verbformen suchen. Daher entwickle ich zusammen mit einer Gruppe die Scribe-Keyboard-App. Sie bringt Informationen – zum Beispiel zur Konjugation – direkt in die Tastatur eines Smartphones
Sceenshot: Scribe Keyboard Installation – Light

Damit das funktioniert, braucht die App eine zuverlässige Quelle für Sprachwissen – und das bietet Wikidata. Dort sind nicht nur Wörter gespeichert, sondern auch Informationen darüber, wie sie sich verändern. Zum Beispiel steht dort nicht nur „laufen“, sondern auch, dass es in der ersten Vergangenheit „lief“ heißt oder dass „Sonne“ im Deutschen ein weibliches Wort ist. Wikidata kennt so viele Sprachen, weil Ehrenamtliche aus der ganzen Welt daran mitarbeiten. Wenn ein neues Wort und Informationen zu dessen Wortformen hinzukommen,wächst die Sammlung und hilft so auch den Nutzenden der Scribe-App.

Die Daten zu den Wörtern werden in der App gespeichert, so dass sie auch ohne WLAN-Empfang verfügbar sind.

Die Wikidata-Community hat das Projekt von Anfang an unterstützt, und es ist großartig, nun die Fortschritte zu präsentieren. Mein wichtigster Rat an Entwickler*innen: Baut auf Wikidata! Es bietet einen offenen Datenschatz, der sonst nur großen Unternehmen vorbehalten wäre. Und vergesst nicht, der Community etwas zurückzugeben – gemeinsam können wir noch so viel mehr erreichen.

Volker Krause: Reisen mit Überblick

Volker ist seit über 20 Jahren in der KDE-Community aktiv und ein echter Open-Source-Tüftler. KDE ist eine Gemeinschaft von Programmierern, Künstlern und vielen anderen, die freie Software entwickeln. Volker arbeitet gerne an intelligenten Lösungen rund ums Reisen – vom Routing im öffentlichen Nahverkehr bis hin zu Wetter- und Katastrophenwarnungen. Auf den Data Reuse Days stellte er die KDE Itinerary App vor.

Ich entwickle seit über 20 Jahren Freie Software. Die Itinerary App ist ein Reiseassistent. Die App verwaltet Buchungen von Zügen, Flügen, Hotels und Veranstaltungen – alles auf Basis offener Daten und ohne Tracking.

Als Volker mit anderen von KDE 2017 mit der Arbeit an der App begannen, stießen sie schnell auf ein Problem: Auf den QR-Codes von Tickets standen Identifikationsnummern, die Flughäfen oder Bahnhöfen zugeordnet sind. Diese Nummern waren oft schwer zuzuordnen. Wikidata war die perfekte Lösung, weil dort viele dieser Nummern und dazugehörige Informationen schon gespeichert waren.

Wenn wir eine Nummer in Wikidata nicht finden konnten, haben wir sie einfach selbst hinzugefügt oder Fehler korrigiert – was bei geschlossenen Datensätzen viel schwieriger ist. Seitdem nutzen wir Wikidata regelmäßig für die Itinerary App und für andere Datenbereiche.

In dem auf den Data Reuse Days vorgestellten Anwendungsfall ging es um die Anzeige der offiziellen Logos und Farben der ÖPNV-Linien in der App. Ein visuelles Detail, das enorm wichtig für die Orientierung der Nutzenden ist. In der App sind diese Logos zum Beispiel bei der Routenplanung oder in der Fahrplananzeige sichtbar, so dass man auf einen Blick weiß, welche Linie man nehmen muss.

Die Abbildung der korrekten Logos war nicht ganz einfach, da ÖPNV-Linien oft ähnliche oder sogar gleiche Namen haben können. Zum Beispiel können Buslinien in mehrere Städten  „Linie 42“ heißen. Hinzu kommt, dass die Linien in vielen verschiedenen Systemen unterschiedlich identifiziert werden – zum Beispiel durch Nummern, Farben oder spezielle Codes. Wenn man also nur den Namen einer Linie kennt, ist es schwierig zu sagen, welche Farbe oder welches Logo dazu gehört.

Screenshot: KDE Itinerary

Um dieses Problem zu lösen, hat das KDE-Team Wikidata und OpenStreetMap kombiniert. Wikidata enthält viele Informationen über die verschiedenen Linien und ihre Identifikatoren, und OpenStreetMap hilft dabei, die geografische Lage der Linien zu bestimmen. So konnte sichergestellt werden, dass die richtige Farbe und das richtige Logo für eine Linie angezeigt werden, auch wenn es ähnliche Linien in anderen Städten oder Regionen gibt. Ein gutes Beispiel dafür, wie durch die Verknüpfung offener Datenquellen eine zuverlässige Lösung geschaffen werden kann.

Besonders spannend an den Data Reuse Days ist die thematische Vielfalt. Man entdeckt odt ähnliche Herausforderungen in der Datenmodellierung. Mein wichtigster Rat für Entwickler*innen: Nutzt offene, editierbare Datensätze! Wikidata und OpenStreetMap sind für mich immer die erste Anlaufstelle. Ich kann ihre Daten nicht nur zu nutzen, sondern auch verbessern.

Magnus Manske: Freie Filme für alle

Magnus Manske ist eine Wikidata- und Wikipedia-Legende! Bereits 2001 programmierte er die erste Version der Software, die später als MediaWiki bekannt wurde und Wikipedia zugrunde liegt. Auch heute noch ist er ehrenamtlich unterwegs und baut spannende Non-Profit-Tools – zum Beispiel WikiFlix, eine freie Filmdatenbank für gemeinfreie Filme.

Die Data Reuse Days zeigen eindrucksvoll, welchen Mehrwert vorhandene Daten haben, wenn sie richtig kombiniert werden. Viele Nutzungsmöglichkeiten hätten sich die ursprünglichen Urheber der Daten nie träumen lassen, aber jede neue Anwendung erhöht den Wert freier Daten für alle.

Ein gutes Beispiel dafür ist WikiFlix, das Magnus auf den Data Reuse Days 2025 vorgestellt hat. Der freie Streamingdienst präsentiert tausende Filme und dazugehörige Informationen in einer vertrauten Oberfläche. Wie bei Netflix nur mit gemeinfreien Filmen! Wikidata enthält derzeit rund 31.000 Einträge zu Filmen. Wenn ein Film unter Public Domain steht – also frei genutzt werden darf – ist diese Information oft direkt im Dateneintrag zum Film vermerkt. Die Filmdateien sind auf Plattformen wie Wikimedia Commons, YouTube oder Internet Archive verstreut. WikiFlix bringt sie an einem Ort zusammen  – mit Hilfe so genannter Identifier. Ein Identifier ist eine eindeutige Bezeichnung, oft eine Kombination aus Zahlen und Buchstaben, die einen Film (oder eine Person, ein Kunstwerk usw.) in einer Datenbank eindeutig identifiziert. Die Datenbank von WikiFlix synchronisiert sich stündlich mit Wikidata. Sobald jemand einen Identifier aus einem Filmarchiv zu einem Filmeintrag in Wikidata hinzufügt, erscheint dieser kurze Zeit später auch in WikiFlix.

Mein wichtigster Rat an Entwickler*innen: Lasst eure Daten frei! Selbst kleine Datensätze können großen Mehrwert bringen. Und wenn ihr ein Problem löst, fragt euch: Kann das noch allgemeiner gedacht werden? Könnten andere diese Lösung ebenfalls nutzen? Wikidata ist einzigartig – eine offene, vernetzte Wissensbasis über alles, regelmäßig gepflegt von einer Community. Durch die Verknüpfung mit externen Identifikatoren lassen sich Daten aus verschiedenen Quellen kombinieren und völlig neue Zusammenhänge erschließen. Das macht Wikidata so mächtig.
Screenshot: Wikiflix

Natürlich gab es noch viel mehr spannende Anwendungen, die auf den Data Reuse Days vorgestellt wurden. Sie alle hatten eins gemeinsam: Durch kreative Kombinationen von Daten wurden Mehrwerte für Menschen auf der ganzen Welt geschaffen.

Für alle, die die Data Reuse Days verpasst haben und erfahren wollen, welche Apps noch vorgestellt wurden: Die gesamte Veranstaltung wurde aufgezeichnet und kann hier jederzeit noch einmal angeschaut werden:

https://www.youtube.com/playlist?list=PLduaHBu_3ejMPb2P_3XWnLH4K14f7wGRd

Wikidata für Entwickler*innen

Wer Lust bekommen hat, weitere spannende Beispiele zu entdecken oder gleich mit Wikidata arbeiten möchte, findet mehr Informationen auf unserem Wikidata Entwickler*innen Portal.

Das Ereignis warf schon monatelang seine Schatten voraus. Von Reisen8 freundlichst ermuntert, meldete ich mich im November 2024 zum Berlinale Edit-a-thon an. Und nun ist er schon Geschichte. Und muss, wenn nicht „in die Geschichtsbücher“, so doch in mein eigenes, persönliches Geschichtsbuch – und in diesen Blog. Aber es ist in diesen Tagen so wahnsinnig viel passiert! Womit fange ich bloß an?

Ich könnte meinen Bericht natürlich mit dem gemeinsamen Essen im Maman (nicht: Samadhi!) beginnen. Der Raum füllte sich schnell mit Wikipedia-Begeisterten, die Stimmung war gut und so entschied ich mich für das Gericht „Long Life“. Es war schön, Benutzerinnen kennenzulernen, die mir bisher nur onwiki bekannt waren, oder diejenigen wiederzusehen, die ich von WikiCons kannte. Nach dem Essen noch einen kleinen Touri-Spaziergang zum Brandenburger Tor und zum Reichstag. Nur: Alles der Reihe nach erzählen – ist das nicht langweilig?

Also dann vielleicht starten mit dem Besuch der Filmtonmeisterin und Klangkünstlerin Claudia Mattai del Moro bei uns im Edit-a-thon! Das war spannend: eine Tonmeisterin, die am Filmset dafür verantwortlich ist, den O-Ton einzufangen! Wie viel Aufwand das ist – und wie wenige Frauen in Tonberufen tätig sind („Wir töpfern nicht“)! Es gibt die unterschiedlichsten Gewerke allein beim Ton: Mischtonmeisterin, Geräuschemacher, Sounddesignerin,  Synchron-Aufnahmetonmeister, Soundeditorin, Synchron-Editor… Ich weiß nicht: Mit einem Programmpunkt beginnen, der erst mal nichts mit Wikipedia zu tun hat?

Besser den Spontanworkshop von Kaethe17 an den Anfang stellen: Produzieren von Audioaufnahmen der Namen von Filmschaffenden und Filmtiteln. Die Aussprache deutscher Namen mögen für uns banal wirken, für internationale Gäste der Berlinale sind sie wichtig. Genauso wie für uns die Artikulation von Namen anderer Sprachen, auch über die Berlinale hinaus. Für die Nachwelt hier ein Ergebnis dieser Einführung (Danke, Osenji!). Die angeregte Diskussion über das Projekt Gesprochene Wikipedia könnte ich auch erwähnen. Oder einleiten mit dem Kernthema, dem Editieren?

Denn natürlich gab es ein frohes Schaffen an den „digitalen Endgeräten“, viel Austausch, gegenseitige Hilfestellung, neue Einsichten und Erkenntnisse. Gar nicht so leicht war die Wahl eines geeigneten Artikelthemas, und zwar nicht, weil es so wenige Möglichkeiten gibt, sondern so viele! Außerdem eine bereichernde Erfahrung: nicht über wechselseitige Edits an einer Seite arbeiten, sondern den Artikel im persönlichen Gespräch durchgehen, an Formulierungen feilen und sich auf Tippfehler hinweisen. Es gibt für Wikischaffende eine Welt jenseits des stillen Kämmerleins, jenseits von Tastatur und Bildschirm! Quasi wie nebenbei gab es gemeinsame Planungsüberlegungen zu Wikipedia im Ingeborg-Bachmann-Jahr 2026, ganz ohne lange Diskussionsbeiträge und E-Mails. Oder die überraschende Erkenntnis, dass auf manchen Seiten die Aufrufzahlen von Bildern abnehmen, je weiter unten sie stehen, und dass das Hinweise darauf sein können, wie weit Artikel gelesen werden. Das hieße aber zu sehr ins Detail gehen. Der Beginn muss catchy sein!

Der gesellige Ausflug einer Kleingruppe am Samstagabend ins „Krematorium Wedding“ wäre was. Beeindruckende Architektur, heutzutage glücklicherweise mit neuer Nutzung als „silent green Kulturquartier“. Das „Krematorium“ strahlte durch Lichtinstallationen in tausend Farben. Und es gab einen abgespacten Berlinale-Kurzfilm an der achteckigen Kuppel der „Urnenhalle“ zu sehen. Filmgucken im Liegen – nett! Oder überhaupt: Dass manche ohne Kinokarte während des Edit-a-thons noch an eine gelangt sind und sich, wer schon ein Ticket hatte, unverhofft in einer anderen Vorstellung wiederfand! Oder als Schiplagerheide und ich nach dem Besuch von Tykwers „Das Licht“ auf dem Weg zum Hotel quasi durch die Filmkulisse gelaufen sind!

Natürlich sollte man unbedingt die gute Organisation von Reisen8 und Grizma und der Wikimedia-Geschäftsstelle erwähnen und das leckere Essen dort! Aber das wäre mehr was fürs Ende.

Womit fange ich nur an?

 

von Psittacuso

 

 

Die Teilnehmenden am Berlinale Edit-a-thon 2025 reisten aus Deutschland, der Schweiz, Österreich und sogar Griechenland an – darunter erfahrene Wikipedianer*innen mit über 20.000 Edits ebenso wie engagierte Anfänger*innen. Das gemeinsame Ziel der Gruppe: Die Wikipedia um möglichst viele Einträge zu weiblichen Filmschaffenden zu bereichern.

Über 60 neue Artikel auf Deutsch, Alemannisch, Französisch und Russisch kamen bei der Schreibwerkstatt zusammen, die in dieser Form bereits im sechsten Jahr stattfand. Darunter Einträge zu aktuellen Berlinale-Filmen mit Frauenbezug wie der Hildegard-Knef-Doku „Ich will alles“, oder zu weiblichen Filmschaffenden wie Elke Biesendorfer aus dem Berlinale-Eröffnungsfilm „Das Licht“. Dazu entstanden Fotos von den Stars auf dem Roten Teppich, oder der neuen Festivalchefin Tricia Tuttle, die jetzt auf Wikimedia Commons unter freier Lizenz zur Verfügung stehen.

Tilda Swinton beim Photocall der 75. Berlinale.
Tilda Swinton beim Photocall der 75. Berlinale.

Frauen im Filmton: Edit-a-thon setzt Fokus auf mehr Sichtbarkeit

Am Samstag machten sich die 31 Wikipedianer*innen dann in der Geschäftsstelle von Wikimedia Deutschland in Berlin an die Arbeit. Grizma und Reisen8, die beiden Initiatorinnen der Veranstaltung, gaben eine Einführung zur Themen-Suche sowie zum Einbinden fertiger Artikel auf den Seiten des Edit-a-thons.

Ein Schwerpunkt des diesjährigen Edit-a-thons lag auf Frauen, die beim Film im Bereich Ton tätig sind. Deswegen besuchte die Schweizer Tonmeisterin Claudia Mattei del Moro den Edit-a-thon und erzählte von ihrer Arbeit, ihrer Ausbildung und dem immensen Gendergap in ihrem Berufsfeld. Eine Inspiration für die Teilnehmer*innen – unter anderem ist die Wikipedia jetzt um einen Eintrag zur Sounddesignerin Rana Eid reicher.

Austausch, Vernetzung und neue Skills: Ein erfolgreicher Edit-a-thon

„Kleine und große Fragen wurden an diesem Wochenende geklärt: Wie schreibt man über nicht-binäre Personen? Was tun, wenn jemand in all meine Artikel Qualitätsbausteine setzt?“, erzählt Reisen8. Besonders erfreulich in ihren Augen: „Diesmal war auch für die Fortgeschrittenen etwas Praxisnahes dabei: Wie eine Tondatei mit der Aussprache eines Filmtitels oder Namens erzeugt, bearbeitet, hochgeladen und in Artikel eingebaut wird, das wussten selbst die meisten Erfahrenen zu Beginn der Veranstaltung noch nicht.“ Die Wikipedianerin Kaethe17 führte Schritt für Schritt durch diesen Prozess, an dem sich online auch die japanische Userin Wadakuramon beteiligte. Anhören können Interessierte sich die Ergebnisse hier.

Mit den Tondateien wird jetzt auch weitergearbeitet: Namen von Filmfrauen und Filmtiteln, die eine Französisch-Muttersprachlerin im Kontext der Veranstaltung eingesprochen hat, werden bei der Veranstaltung “Frauenzimmer” im lokalen Raum WikiMuc weiterverarbeitet und in die entsprechenden Artikel eingebaut.

Neben dem Inhaltlichen war aber vor allem die Vernetzung ein großes Ziel des Edit-a-thons, betont Reisen8: „Ein Löschantrag, der auf einen gerade erst entstandenen Artikel gestellt wurde, war dank der anwesenden Community schnell vom Tisch. Neue Projekte wurden verabredet, Strategien besprochen. So viele Menschen, die wir jetzt persönlich kennen und bei Konflikten um Unterstützung bitten können – wenn das kein Gewinn ist!“

Vier Wikipedianerinnen hören dem Vortrag von Claudia Mattai del Moro beim Edit-a-thon zu.
Vier Wikipedianerinnen hören dem Vortrag von Claudia Mattai del Moro beim Edit-a-thon zu.

Wikipedianer Psittacuso hat vom 14. bis 16. Februar am Berlinale Edit-a-thon teilgenommen. In seinem Erlebnisbericht schildert er, wie er diese Erfahrung erlebt hat.

Portrait vonn Lise Meitner, österreichische Kernphysikerin und Pionierin der Radiochemie

#1 Lise Meitner

Die österreichische Kernphysikerin und Pionierin der Radiochemie ist ein Paradebeispiel für den Matilda-Effekt: Sie trug wesentlich zur Entdeckung der Kernspaltung bei, den Nobelpreis erhielt jedoch ihr Kollege Otto Hahn.

Was ist der sogenannte Matilda-Effekt?

Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts kritisierte die Frauenrechtlerin und Journalistin Matilda Joslyn Gage, dass wissenschaftliche Leistungen von Frauen oft übersehen oder ihren männlichen Kollegen zugeschrieben würden. Die Wissenschaftshistorikerin Margaret Rossiter nannte dieses Phänomen später den Matilda-Effekt.

#2 Rosalind Franklin

Die britische Biochemikerin erlebte Ähnliches. Für die Entdeckung der DNA Doppelhelix wurden allein die Molekularbiologen Francis Crick und James Watson mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet. Dabei war sie es, die die Theorie zur DNA-Struktur bestätigte. Die Männer nutzten die unveröffentlichten Daten Rosalind Franklins ohne deren Erlaubnis.

Margret Hamilton, amerikanische Informatikerin und Mathematikerin

#3 Margaret Hamilton

Die amerikanische Informatikerin und Mathematikerin ist die unbekannte Heldin der Mondlandung. Während den meisten nur Neil Armstrong und vielleicht noch Buzz Aldrin ein Begriff ist, war sie es, die den Computercode entwickelte, der die Mondlandung erstmals ermöglichte.

Projekt: Women in Red

Aktuell beträgt der Anteil von  Frauenbiografien in der deutschsprachigen Wikipedia 18,2 Prozent. Seit 2009 hat sich der Gender Gap bei Biografien insgesamt um 3,6 Prozentpunkte verringert. Dies ist unter anderem zahlreichen Projekten zu verdanken, in denen Ehrenamtliche gezielt an Artikeln über Frauen arbeiten.

Die fehlenden Frauenbiografien – aufgrund der rot markierten fehlenden Links „Women in Red“ (und in der deutschsprachigen Wikipedia Frauen in Rot) genannt – werden auf der gleichnamigen Projektseite gesammelt. Dort kann auch die Entwicklung der Zahlen im Live-Ticker verfolgt werden. Eine eigene Statistikseite dokumentiert außerdem den Anteil von Biografien nicht-binärer, inter- und transgeschlechtlicher Menschen in der Wikipedia.

 

Portrait von Alice Ball, amerikanische Chemikerin

#4 Alice Ball

Die amerikanische Chemikerin entwickelte Anfang des 20. Jahrhunderts die erste Methode um Lepra zu heilen. Sie starb,bevor sie ihre Ergebnisse veröffentlichen konnte. Der Chemiker Arthur L. Dean tat dies stattdessen, ohne ihren Namen zu nennen. Erst 1922 wurde Balls Leistung öffentlich gewürdigt.

Mitmachen

Sie möchten, dass Forscherinnen die Anerkennung erhalten, die sie verdienen, und haben Interesse daran, zu Wikipedia, Wikimedia Commons oder Wikidata beizutragen? Lernen Sie, wie es geht! Mit der 30-Tage-Wikipedia-Challenge entdecken Sie Schritt für Schritt den Kosmos der Wikimedia-Projekte und werden ans Teilnahme herangeführt.

Wikipedia Globus im Weltraum

In der Reihe W wie Wiki-Wissen präsentieren wir spannende, kuriose oder überraschende Fakten aus den Tiefen der 3.000.000 Artikel der deutschsprachigen Wikipedia. Das können Informationen zu Jahres- oder Gedenktagen, großen Ereignissen oder aktuellen Debatten sein. Für das Gespräch beim Abendessen, den Smalltalk in der Mittagspause, die Unterhaltung bei der Familienfeier – und alle anderen Gelegenheiten, bei denen man mit Wiki-Wissen glänzen kann.

Bezahltes Wikipedia-Schreiben in der Belletristik

Monday, 12 September 2022 20:02 UTC

Bezahltes Schreiben im PR-Auftrag in der Wikipedia, ist ein Thema, das mich und die Wikipedia-Community seit einigen Jahren umtreibt. Das Thema wabert seit etwa 2010 durch die Wikipedia, mal intensiver und mal weniger intensiv diskutiert; mal mit Skandal und mal ohne. Aber wenn man sich, ganz ohne Insiderkenntnisse, einfach mal durch Wikipedia-Artikel lebender Personen clickt (sei es in der deutschen Ausgabe oder der englischen): normalerweise riecht man die gekauften und geschönten Artikel 500 Kilobyte gegen den Wind. Die peinlichen PR-Artikel: weil auch die siebte Teilnahme am Rettet-die-Bergdackel-Benefiz-Gala-Dinner getreulich unter dem Punkt „gesellschaftliches Engagement“ gelistet wird. Die weniger peinlichen PR-Artikel: weil sie so nichtssagend sind.

Wie lange das Problem existiert und wie sehr es schon vor vielen Jahren auffiel, wurde mir letztens beim lesen gewahr. Es war ein Fantasy-Crime Roman – komplett fiktiv, mit vagen Bezugspunkten zu unserer Welt. Und selbst dort kommt Wikipedia-PR-Schreiben vor. Es geht um „Moon over Soho“ von Ben Aaronovitch. Erstmal erschienen 2012 bringt es der Roman auf den Punkt:

Auf deutsch etwa:

„Die Reichen, vorausgesetzt sie vermeiden Prominenz, können etwas Unternehmen um ihre Anonymität zu bewahren. Lady Tys Wikipedia-Artikel las sich als wäre sie von einem PR-Schreiber verfasst worden, denn zweifellos hatte Lady Ty einen PR-Schreiber beschäftigt, um sicherzustellen, dass die Seite ihren Vorstellungen entsprach. Oder wahrscheinlicher: Einer ihrer „Leute“ hatte eine PR-Agentur beauftragt, die einen Freelancer beschäftigt hatte, der das in einer halben Stunde runtergeschrieben hatte, damit er sich schneller wieder auf den Roman konzentrieren konnte, den er grade schrieb. Der Artikel gab preis, dass Lady Ty verheiratet war, zu nicht weniger als einem Bauingenieur, dass sie zwei schöne Kinder hatten von denen der Junge 18 Jahre alt war. Alt genug um Auto zu fahren aber jung genug um noch zu Hause zu wohnen.“

Diese Beschreibung trifft auch zehn Jahre später auf einen Großteil aller PR-Artikel zu. Schnell und lieblos, aber professionell gemacht. Oft genug mit Versatzstücken aus anderen Werbematerialien; zu unauffällig, um jemand ernstlich zu stören. Aber auch zu nichtssagend, um der Leser*in auch nur den geringsten Mehrwert zu bieten.

Damit hat ein Roman-Autor, der selber kein aktives Mitglied der Wikipedia-Community ist, die PR-Problematik schon im Jahr 2012 richtiger eingeschätzt als ein relevanter Teil der diskutierenden Community im Jahr 2022.

(Und Randbemerkung: die Community rächte sich, indem sie Aaronovitchs Autoren-Artikel mit einem unvorteilhaften Autorenfoto versah – no PR-flack weit und breit war hier unterwegs.)

Von einer anderen Form des beeinflussten Schreibens erfuhr ich heute beim Mittagsessen. In immer mehr autoritären Regimes scheint es vorzukommen, dass einzelne Wikipedia-Autor*innen, die in dem jeweiligen Land leben, einen Anruf oder einen Besuch bekommen. Mit dem freundlichen Tipp, doch den ein oder anderen Artikel zu „verbessern“ sonst.. Das ist natürlich noch raffinierter: Einfach einen etablierten Nutzer und dessen Vertrauensvorschuss nehmen und in dieser Tarnung PR-Edits durchführen.

Die Lyrik der Wikipedia-Auskunft

Monday, 18 July 2022 17:15 UTC

Menschen können auf der Wikipedia:Auskunft Fragen an die Wikipedia richten. Die Fragen sind mal banal, mal lehrreich, und manchmal hohe Poesie. Daran solltet ihr teilhaben.

Ich stelle mich auf, Brust nach vorne, Kinn nach oben, räuspere mich noch einmal und deklamiere:

Honda Motorrad,
6-Zylinder,
6 Vergaser,
Blockmotor quer,
luftgekühlt.

Alle Daten fehlen!
Keine Daten vorhanden.
Warum?

Die Frage stammte von einer nicht angemeldeten Person, die am 17. Juli um 16:19h mit der IP 2003:D4:2713:1F50:F120:9BAE:47CF:6C2A unterwegs war.

Beitragsbild: 2016-08-05 Tokaido Seki Juku Kameyama City Mie,東海道五十三次 関宿 DSCF6949☆ von: 松岡明芳 Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International

Wir waren dieses Jahr mit WikiAhoi wieder bei der SMWCon dabei. Die Konferenz zu Semantic MediaWiki findet zweimal pro Jahr statt, im Frühling in Nordamerika und im Herbst in Europa. Letztes Jahr waren wir schon in Wien dabei und dieses Jahr gings ins herbstlich-sonnige Barcelona. In freundlicher, persönlicher Atmosphäre wurden technische Neuigkeiten, innovative Projekte und besondere Anwendungsfälle besprochen. Wir möchten Sie an den wichtigsten Neuerungen teilhaben lassen.

Neuigkeiten aus der Semantic MediaWiki-Welt

Semantic Forms (Version 3.4 September 2015) hat sich mittlerweile als eigenständige Erweiterung etabliert und ist nun technisch nicht mehr von der Grunderweiterung Semantic MediaWiki abhängig. Weitere wichtige Änderungen:

  • Statt den Spezialattributen werden nun ParserFunctions eingesetzt.
  • Kartenbasierte Eingabeformate (Google Maps, Open Layers) sind nun möglich – diese werden nur eingesetzt, wenn Semantic Maps nicht vorhanden ist.
  • Weiters wird nun Cargo unterstützt, es lassen sich in Formularen auch Eingabeformate und die Autovervollständigungsfunktion aus Cargo nutzen.
  • Dazu kann man nun auch „mapping“-Werte hinterlegen, das sind andere Werte, als auf der Seite angezeigt werden.
  • Ein neuer Parameter erlaubt es, nur einzigartige Werte speichern zu lassen.
  • Alle roten Links können nun mit einer einzelnen Einstellung auf eine Formularauswahlliste weitergeleitet werden.

Die MediaWiki Stakeholder’s Group nahm die Konferenz zum Anlass, um weitere Schritte zu besprechen: Ziel der Gruppe ist die Koordination und die Kommunikation mit Wiki-Nutzern in Unternehmen, die Unterstützung von Entwicklern und Administratoren und die offizielle Kommunikation mit der Wikimedia Foundation. Wikipedia hat etwas andere Ziele als einzelne Drittnutzer der Software MediaWiki. Es geht also stark darum, die Interessen der Nutzer von Wiki in Unternehmen zu vertreten und in der Weiterentwicklung der Software voranzutreiben.

Interessante neue semantische Erweiterungen gibt es zu Breadcrumbs, Zitaten, Sprachenlinks und Metatags:

Und warum „eine Konferenz mit Folgen“? Diese Konferenz hat Folgen auf mehreren Ebenen: Wir haben persönliche Kontakte für Zusammenarbeit und Austausch geknüpft, es wurden Ideen beflügelt und Inspirationen für neue Projekte ausgetauscht, die Motivation wieder gestärkt, das Projekt MediaWiki als Ganzes voranzubringen und nicht zuletzt viele Features und Software-Änderungen besprochen, die in der Regel meist recht schnell umgesetzt werden. Die Konferenz war somit ein voller Erfolg.

Die Konferenz fand von 28.–30.10.2015 in Barcelona statt, in der schönen Fabra i Coats Kunstfabrik im Stadtteil Sant Andreu. Knappe 40 Teilnehmer nahmen an einem Tutorial- und zwei Konferenztagen teil.

WikiPRedia

Tuesday, 23 November 2021 17:31 UTC

Die deutschsprachige Wikipedia-Community versucht wieder einmal, die Regeln zum bezahlten Schreiben zu verschärfen. Das Thema wabert ungelöst seit Jahren durch das Wikiversum. Und auch dieses Meinungsbild ist ein notwendiger Schritt voran. Aber der Weg ist noch weit. Der beste Kommentar meinerseits wäre die Komposition eines Quartetts für Singende Säge, Bassdrum, Cembalo und Spottdrossel.

Aber ich kann nicht komponieren. Deshalb kommt das Nächstbeste: ein Gedicht.

Wikipredia

Die Regeln
existieren und doch nicht
nach Mondstand

Die Ethik
absolut seit Anbeginn
nein denn ja

Die Praxis
gesperrt verworfen gelöscht
freigeschaltet

Wikipredia
Darwinismus der Agenturen
Überleben des Dreistesten

Allein mit der Madonna zum Hasen

Thursday, 30 September 2021 19:49 UTC

Darmstädter Madonna
Hans Holbein der Jüngere, 1526/1528
Öl auf Nadelholz (?), 146,5 × 102 cm
Sammlung Würth, Johanniterhalle (Schwäbisch Hall)

Wikipedia-KNORKE erwähnte ich ja an dieser Stelle schon einmal. Berliner Wikipedianerinnen und Wikipedianer treffen sich und erkunden zusammen eine ihnen unbekannte Gegend. Soweit so üblich. Diesmal jedoch gab es etwas besonderes: Auf ins Museum!

In Berlin gastiert gerade die Darmstädter Madonna, ein 1526 entstandenes Gemälde von Hans Holbeim dem Jüngeren. Diese Madonna hat eine bewegte Lebens- und Reisegeschichte, ist eines der bedeutendsten deutschen Gemälde des 16. Jahrhunderts und kann Menschen auch über Jahre faszinieren. Wunderbar, wenn man eine kundige Bilderklärung der Autorin des exzellenten Wikipedia-Artikels dazu bekommt.

Wir trafen uns einige Minuten vor der Öffnung in kleiner Gruppe vor dem Bode-Museum und konnten - da alle Anwesenden über eine Jahreskarte verfügten - auch sofort zur Madonna und zur Sonderausstellung "Holbein in Berlin" begeben. Der Raum war noch leer, die Museumswachmannschaft ließ freundlicherweise die leise aber engagiert redende Gruppe gewähren. Ein einziger Saal, in dessen Mittelpunkt die Madonna hängt. Links davon einige Holbein-Teppiche, ansonsten weitere Bilder und Zeichnungen von Holbein, Inspiratoren und andere Madonnen. Nicht überladen, sinnvoll aufbereitet und mit einem klaren Konzept - eine der besseren Kunstausstellungen.



Und dann ging es los: Es begann mit Schilderungen von der bewegten Entstehungszeit zur Zeit des Basler Bildersturms im Auftrag des Basler Ex-Bürgermeisters Jakob Meyer zum Hasen. Die Aussage des Bildes traditioneller Marienfrömmigkeit in Zeiten der Reformation war Thema, ebenso natürlich wie der Teppich und seine Falte. Wir staunten über die Eigentümlichkeit, dass sich niemand auf dem Gemälde eigentlich anschaut und wurden über dden Unterschied zwischen Schutzmantelmadonnen und Stifterbildern aufgeklärt. Vermutungen tauchten auf, wo das Bild wohl im Original hing - vermutlich in der Martinskirche als Epitaph - und wir verfolgten gedanklich seine Wanderung aus Basel über den Grünen Salon im Berliner Stadtschloss bis hin zum Hause Hessen und das Frankfurter Städelmuseum bis hin zum spektakulären Verkauf an die Privatsammlung Würth. Die Meinungen über die Sammlung Würth in der Gruppe waren durchaus geteilt, ebenso wie die richtige Benennung des Bildes: ist es nun eher die Darmstädter Madonna oder eher die Madonna des Bürgermeisters Jakob Meyer zum Hasen?

Über die Darmstädter Madonna ging es dann zur Dresdner Madonna und einem der prägenden Momente deutscher Kunstgeschichte: dem Dresdner Holbeinstreit. Im 19. Jahrhundert wurde es den Menschen bewusst, dass es zwei fast identische Holbein-Madonnas gab und nur eine die echte sein konnte. In einer großen Ausstellung, unter lebhafter Anteilnahme der Öffentlichkeit und erregten Debatten der Experten entschieden sich die Kunsthistoriker schließlich für das Darmstädter Gemälde. Eine Sensation,  da die Kunstkennerschaft vorher felsenhaft von der Originalität des Dresdner Gemäldes ausging. Hier zeigte sich erstmals das Bemühen, um eine rein sachlich, objektive Abwägung der verschiedenen Gesichtspunkte - der Dresdner Holbeinstreit ist einer der Ausgangspunkte um die Kunstwissenschaft als Wissenschaft zu etablieren. Und - wie sich später herausstellte - lag die Kunstwissenschaft auch in diesem ihren Anfangsurteil richtig; sämtliche mittlerweile vorhandenen naturwissenschaften Verfahren die Darmstädter Madonna als die originale der beiden bestätigten.

Erkenntnisse am Rande: eine weitere Kopie des Gemäldes (beziehungsweise eine Kopie der Kopie - es stellt aus unerfindlichen Gründen das Dresdner Exemplar dar) hat sich in das Set des James-Bond-Filmes "Man lebt nur zweimal verirrt".

Hans Holbein der Jüngere: Bildnis des Danziger Hansekaufmanns Georg Gisze in London, 1532. Eichenholz, 96,3 × 85,7 cm. Gemäldegalerie Dahlem der Staatlichen Museen zu Berlin – Preussischer Kulturbesitz

Und nachdem wir dann auch noch gerätselt hatten, wer die beiden Knaben unterhalb der Madonna sind, den verschwundenen Haaren der Tochter nachspürten und weiter über den Teppich in der Renaissancemalerei sinniert hatten, kamen wir dann nach knapp einer Stunde noch zu Georg Giesze. Giesze (auch Georg Giese) ist Titelheld in einem anderen Holein-Hauptwerk, das praktischerweise fünf Meter weiter links hing. Wieder mit Teppich und nun auch noch mit Glas, Metall, Bücherregalen und Briefen. Gedanklich begleitete wir Holbein dann weiter von Basel nach Antwerpen und London. Mittlerweile hatte sich der Raum etwas gefüllt. Nachdem wir dann noch den Weg aus dem Museum gefunden hatte (wie immer im Bodemuseum nicht ganz einfach und jedes mal findet man zwischendurch neue Säle) folgte noch ein erschöpfter Abschlusskaffee.

Eine Stunde fast allein mit der Madonna. Und immer noch Neues zu entdecken.

Wen wählen in das Board der Wikimedia Foundation?

Friday, 20 August 2021 21:03 UTC

Vorweg, für die Eiligen

Meine Wahlvorschläge

  • Top 4: Douglas Ian Scott, Iván Martínez, Adam Wight, Dariusz Jemielniak
  • Top 8: Rosie Stephenson-Goodknight, Lorenzo Losa, Farah Jack Mustaklem, Gerard Meijssen
  • Wählbar: Reda Kerbouche, Pavan Santhosh Surampudi, Ravishankar Ayyakkannu

Wichtige Links

Vote now für das Wikimedia-Board

Für die nicht so Eiligen

Über den Dächern, Türmen und Gasometern Westberlins senkte sich die Abendsonne. Ich stand auf den Zinnen des Ullstein Castles und sinnierte. Direkt unter mir Straßentreiben, Sirenen, betrunkene Jugendliche, ein Ausflugsboot auf dem Teltowkanal, radelnde Ausflügler überquerten die Stubenrauchbrücke.

In der Ferne betrachtete ich die Türme des Spitzenlastheizkraftwerks Lichterfelde, der Sendeturm auf der Marienhöhe, den BfA-Büroturm und den ehemaligen Wasserturm im Naturpark Schöneberger Südgelände. Heute Nacht auf dem Heinweg: Welchen Weg sollte ich wählen? Unten, im Süden, über den Prellerweg vorbei am Sommerbad am Insulaner? Die Nordvariante über den Tempelhofer Damm und durch die Kopfsteinpflaster Tempelhofs? Oder die Mittelweg, mit Erklimmen der Höhe am Attilaplatz und später über den Ikea-Parkplatz? So viel zu wählen.

Wahlen spukten in meinem Kopf herum. Da war die Mitgliedsversammlung unseres Dauergartenvereins. Die Vorstandswahlen dort sollten wahrscheinlich, hoffentlich, unspektakulär verloren. Aber die Anträge. Wenn ein einzelnes Mitglied auf einem A4-Blatt 40 verschiedene Anträge stellt, richtig ernsthaft, dann verspricht das Unterhaltung.

Die Bundestagswahl: Auf dem Weg zum Ullstein Castle passierte ich zahlreiche Bundestagstagswahlplakate: den unlesbaren Blob der Grünen in Tarnfarbenoliv, die bildhaft dargestellte Biederkeit der Berliner SPD, zahlreiche Kleinparteien von Team Tödenhöfer über Volt bis zur Tierschutzpartei. Und so sehr es mich schmerzte das zu sagen: Das Plakatgame gewannen bisher die CDU und ihr Wahlkreiskandidat Jan-Marco Luczak. Sowohl optisch – als auch damit, überhaupt inhaltliche Aussagen fern von Plattitüden zu machen.

Vor allem aber war ich innerlich bei einer ganz anderen Wahl. Die Wikimedia Foundation wählte und wählt ihr Board, auf Deutsch das ehrenamtliche Präsidium der Wikimedia Stiftung. Die Wikipedia steht meinem Herzen näher als der Bundestag und selbst als der Dauergartenverein. Aber die Board-Wahlen erfordern merh Gedanken. Diese Gedanken bedurften des Kontextes.

Was ist die Wikimedia Foundation?

Die Wikimedia Foundation (WMF) ist die Betreiberin der Wikimedia-Projekte wie zum Beispiel der Wikipedia aber auch Wikimedia Commons und Wikidata. Die Foundation hostet die Server, stellt die Technik, ist am Ende rechtlich dafür verantwortlich was in den Wikipedien passiert. Dafür hat die Foundation derzeit etwa 450 Angestellte, ein Endowment von 90 Millionen Dollar und hatte 2020 Jahreseinnahmen von 127 Millionen US-Dollar.

Wo genau die Grenzen zwischen dem Einfluss der Wikimedia Foundation und den Communities liegen, ist umstritten. Letztlich kann die Foundation alles ändern und machen in den Projekten. Sie ist meistens weise genug, es nicht zu tun. Insbesondere schreiben keine Foundation-Mitarbeiter*innen in ihrer Arbeitszeit Artikel oder legen Inhalte in den Projekten an.

Die Foundation ist eine Organisation eigener selbstgenügsamer Vollkommenheit. Sie hat keine Mitglieder und ist – rechtlich – niemand rechenschaftspflichtig. Das Board besetzt sich prinzipiell aus sich selbst heraus. Es hat entschieden die Hälfte der Sitze Wahlen der weltweiten Wikip/media-Communities besetzen zu lassen zu lassen.

Was ist das Board of Trustees?

Das Board of Trustees ist das ehrenamtliche Aufsichtsgremium der Foundation. Es hat derzeit 16 Sitze. Davon steht einer Jimmy Wales als Gründer zu, sieben Sitze besetzt das Board selber, acht Sitze werden durch eine weltweite Communitywahl bestimmt.

Nun ist allein aus den Worten „ehrenamtlich“ und „weltweit / 450 Mitarbeiter / 127 Millionen Dollar Einnahmen“ klar, dass das Board eine abstrakte Leitungsposition einnimmt. Alleine, einen Überblick über so eine Organisation zu behalten, ist eine Mammutaufgabe. Dieser Organisation noch Vorgaben zu machen und sie in eine bestimmte Richtung zu lenken, eine Herausforderung.

Die Gefahr, in Detailinformationen zu ertrinken oder sich hoffnungslos im Alltagsgeschäft zu verfangen, ist groß. Seiner Aufgabe nach, beaufsichtigt das Board, was die Vollzeitkräfte machen und besetzt die Geschäftsführung.

Was zur Zeit ein besonderer Job ist: Die Geschäftsführerin der Foundation Catherine Maher verschwand im April 2021 überraschend. Der Posten ist seitdem unbesetzt. Ebenso wie sich die Chief Operations Officer im Jahr 2021 verabschiedete, die Abteilungen Communication und Technology auch niemand im Vorstand haben. Auf dem Schiff besetzt nur eine Notbesatzung an Offizier*innen die Brücke. Dem Board obliegt es derzeit, dieses Führungsvakuum schnell und kompetent zu beenden.

Welche Kriterien habe ich?

Grundsätzlich sollte jede*r Kandidat*in zwei Kriterien erfüllen. Sie sollte meine inhaltlichen Ziele teilen. Und sie sollte in der Lage sein, sich in einem ehrenamtlichen Job gegen eine komplette Organisation aus Vollzeitangestellten zu behaupten. Oft genug stehen bei solch ehrenamtlichen Gremien Kandidat*nnen zur Wahl, bei denen ich denke „Will Schlechtes, aber wird das erreichen“ und „Will Gutes, ist aber planlos. Am Ende werden die Hauptberuflichen machen was sie wollen. Oder es gibt Chaos.“

Angesichts der bewegten Zeiten, in denen wir leben; angesichts der latenten Führungslosigkeit der Foundation derzeit, möchte ich Kandidat*innen, die sich durchsetzen können. Kandidat*innen, die nach Möglichkeit die US-Zentrik der Foundation aufbrechen können. Ich möchte Kandidat*innen, die verstehen, dass Wikip/media keine allgemeine Weltbeglückungsorganisation ist, sondern sehr spezifische Sachen sehr gut durchführt – und andere überhaupt nicht kann. Es bringt nichts, sich auf allgemeine Weltbeglückungsziele zu stürzen, die weder die Foundation noch die Communities umsetzen können.

Wählenswert: Adam Wight. Bild: Recent selfie. Von: Adamw Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International

Welche Kandidaten?

Insgesamt stehen 19 Kandidat*innen zur Auswahl, die um vier Plätze streiten. Dabei sind Wikimedia-Urgesteine ebenso wie Newbies, viele Männer, mir auffallend viele Inder, viele Kandidat*innen mit NGO-Hintergrund, kaum eine*r, der/die fortgeschrittene IT-Kenntnisse hat.

Die Urgesteine

Dariusz Jemielniak – Professor of Management, daueraktiv auf allen Ebenen und vielleicht der einzige Mensch, der intellektuell versteht wie Wikipedia funktioniert.

Rosie Stephenson-Goodknight – WikiWomensGroup, Women in red, you name it. Bei überraschend vielen der Wikipmedia-Genderaktivitäten, die funktionieren, ist Rosie Stephenson-Goodknight beteiligt.

Gerard Meijssen – gefühlt war Gerard schon Wikipedianer bevor es Wikipedia gab. Vielleicht der spannendste Autor des Meta-Wikiversums und ein Chaot.

Mike Peel – langjähriges Mitglied des Funds Dissemantion Committees. (FDC) Hat bei mir in der Rolle durchgehend einen schlechten Eindruck hinterlassen.

Ravishankar Ayyakkannu – Mr. Tamil Wikipedia, der seinem Resumee zufolge seit 2005 in der Community und mit externen Partnern (wie Wikipedia Zero, Google) zusammenarbeitete. Gewinnt bei mir Diversitätspunkte, weil er nicht nur aus dem Global South stammt, sondern auch Ausbildung und Berufstätigkeit dort durchführte.

Wählenswert: Dariusz Jemielniak Bild: Dr. Dariusz Jemielniak – Wikimedia Foundation Board von: VGrigas (WMF) Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported

Im Wikiversum aktiv


Reda Kerbouche – Aktiv bei Wikimedia Algeria, Founding member der Wikimedia of Tamazight User Group. Lebt in Europa.


Lorenzo Losa – Ex-Vorsitzender von Wikimedia Italia.


Farah Jack Mustaklem
– Software Engineer, einer der wenigen Kandidaten mit Ahnung von Software. Aktiv bei den Wikimedians of the Levant und der Arabic language User Group. Mir persönlich zu sehr USA-sozialisiert für eine Board-Mitgliedschaft, andererseits sicher in jeder Hinsicht kompetent.

Douglas Ian Scott – Präsident von Wikimedia South Africa, Organisator der Wikimania 2018 und einziger Kandidat, den ich dank eines langen Wartepause am Kofferband irgendeines Wikimania-Flughafens persönlich besser kennenlernte – und begeistert war.

Iván Martínez – langjährig engagiert bei Wikimedia Mexiko, LGBTQ+-Aktivist und soweit ich hörte, das Wikiversum Lateinamerika ist begeistert von ihm.

Pavan Santhosh Surampudi – Community Manager at Quora. Versteht also vermutlich professionell etwas von Communities.

Adam Wight – Programmierer, Ex-Angestellter und WMF und WMDE und neben Gerard der Vertreter des Ur-basisdemokratischen, selbstorganisierten und Gegen-Informationsmonopole-Geistes des frühen Movements.

Vinicius Siqueira – in Wiki Movimento Brasil

Newbies

Es kann sich hierbei um langjährige und erfahrene Wikipedianer*innen handeln, die im kleinen Rahmen auch Projekte oder Gruppen organisiert haben. Erfahrungen in oder mit größeren Organisationen im Wikiversum fehlt vollkommen.

Lionel Scheepmans
Pascale Camus-Walter
Raavi Mohanty
Victoria Doronina
Eliane Dominique Yao
Ashwin Baindur

Wen werde ich wählen?

Leute, die sich durchsetzen können, und die auch die Grenzen des Wikiversums sinnvoll einschätzen können. Perspektiven auf das Leben, anders aussehen als „in US-NGOs sozialisiert“ werden bevorzugt.

Die Top 4

  • Douglas Ian Scott
  • Iván Martínez
  • Adam Wight
  • Dariusz Jemielniak

Top 8

  • Rosie Stephenson-Goodknight
  • Lorenzo Losa
  • Farah Jack Mustaklem
  • Gerard Meijssen

Wählbar

  • Reda Kerbouche
  • Pavan Santhosh Surampudi
  • Ravishankar Ayyakkannu

Wer wird wählen

Es wählen alle Menschen, die vage aktive Accounts in einem Wikimedia-Projekt haben. Die Bedingungen dafür sind niedrig angesetzt. Für Autor*innen ist es nötig 300 Bearbeitungen zu haben, kein Bot zu sein und höchstens in einem Projekt gesperrt zu sein. Die Bedingungen für die Board-Wahlen sind somit einfacher zu erfüllen als die Bedingungen zum Sichten in der deutschen Wikipedia. Die Kriterien mussten am 5. Juli 2021 erfüllt sein. Es hilft nicht, jetzt noch schnell zu editieren.

Das Wahlsystem

Es gilt das Präferenzwahlsystem. Dieses wird weltweit von einschlägigen Fachleuten als besonders fair bezeichnet. Es verzerrt den Wählerwillen weniger als viele andere Wahlsysteme. Praktisch wird es allerdings nur selten eingesetzt. Die bekannteste Wahl mit Präferenzwahl in letzter Zeit war die Bürgermeister*in-Wahl in New York, New York.

Bei Wahlsystem nummeriert man „seine“ Kandidat*nnen nach Präferenzen. Die beste Kandidatin bekommt eine Eins, der Kandidat danach eine zwei und so weiter. Hält man keine Kandidatin mehr für geeignet, hört man auf zu nummerieren.

Bei der Wahl werden in der ersten Runde alle Präferenzen mit „1“ gezählt. Ein Kandidat hat am wenigsten davon. Dieser scheidet aus. Von allen „1“-Wählerinnen des Kandidaten werden nun die „2“-Präferenzen seiner Wählerinnen auf die entsprechenden weiteren Kandidaten verteilt. Und so weiter, bis nur noch so viele Kandidatinnen übrig sind, wie es Plätze zu besetzen gilt.

Zur Wahl

Geht es hier.

Beitragsbild: Die Apostel wählen einen zwölften Zeugen als Ersatz für Judas. Aus dem Rabbula-Evangeliar.

Wiki Loves Jules Verne. Mit Wikipedia in Braunschweig.

Tuesday, 17 August 2021 08:28 UTC


Mensch-Maschine Braunschweig


Im ICE ist Deutschland. Der Zug fährt ein und hält. Das Schild am Gleis behauptet tapfer „Zugdurchfahrt“. Die Türen lassen sich öffnen. Am Zug steht nichts geschrieben, außer Wagennummern, die nicht zu den Reservierungen passen. Das Publikum bleibt irritiert. Etwa die Hälfte der Anwesenden geht in den Zug und bleibt im Wageninnern ratlos stehen. Die andere Hälfte steht ratlos am Bahnsteig. 

Schließlich: Lichter gehen an. Der Zug verkündet mittels seiner Anzeigen nun auch, nach Kassel zu fahren.  Eine Frau entschuldigt sich über die Lautsprecheranlage über die falschen Wagennummern, man solle ich immer zehn wegdenken „Also 22 statt der angezeigten 32.“

Ein Mensch mit re:publica-Bändchen am Arm verscheucht die ältere Dame ohne Reservierung von seinem Platz und liest den gedruckten Spiegel. Ich höre ein angeregtes Gespräch zwischen einem Musicaldarsteller und einer Abteilungsleiterin im Innenministerium, die sich gerade kennenlernen über, den relativen Wert von Musikgymnasien in Berlin. Geht es noch deutscher?

Illustration aus dem Buch ""Le tour du monde en quatre-vingts jours" Alphonse de Neuville & Léon Benett


Passenderweise habe ich ein entsprechendes Buch mitgenommen. Nils Minkmars „Mit dem Kopf durch die Welt.“ Das hat schon auf dem Cover ein ICE-Fenster und geht der Frage nach, was Deutschland bewegt. Minkmar lässt sich über deutsche Normalität aus. Der deutsche Ingenieur, lange Jahrzehnte Sinnbild der Normalität, sei nicht mehr normal. Minkmar erzählt aus seiner französisch-deutschen Kindheit:


„Meine Mutter nannte dann immer eine Berufsgruppe, die uns besonders fern war, nämlich les ingenieurs. Wir waren in Deutschland […] und das ganze frisch aufgebaute Land ruhte auf Säulen, die les ingenieurs berechnet, gegossen und zum Schluss noch festgedübelt hatten. […] Viele Jahre später sollte ich die Gelegenheit haben, diese seltene Spezies besser studieren zu können. Sie saßen direkt hinter mir, zwei ausgewachsene Exemplare: Ingenieure, Familienväter, auf der Rückfahrt von einer Dienstreise. Sie plauderten über die sich verändernden Zeiten. […] Fernsehen, Marken, Politiker, auf keinem Gebiet fanden sich diese beiden braven Männer wieder, alles zu grell und bunt, zu aufgeregt. Ihre spezifischen Werte und Tugenden, Sorgfalt und diese stille Freude an der eigenen Biederkeit, das alles war an den Rand gerückt. Ingenieure waren nun Exzentriker. […] Diese Männer fanden sich kulturell kaum zurecht.“

Wenn „der deutsche Ingenieur“ nicht mehr normal in Deutschland ist, sind es jetzt Ministerialbeamtinnen und Musicaldarsteller?




Forschung Maschinenbau Braunschweig


Minkmar war noch nicht in Braunschweig. Oder Braunschweig ist nicht normal. Da steige ich harmlos aus dem Zug und die Stadt schlägt mir „Deutscher Ingenieur“ rechts und links um die Ohren. Braunschweig hebt das Thema "autogerechte Stadt" in Höhen, die selbst mir als gebürtigem Hannoveraner unerreichbar schienen.

Braunschweig. Bahnhofsvorplatz.


VW ist daran beteiligt, ist klar in der Gegend. Aber nicht nur. Ich wandelte also Freitagabend gegen 21 Uhr auf der Suche nach einem Wegbier durch das verlassene Braunschweig, passierte die Stadthalle und wurde prompt begrüßt mit „Tag des Maschinenbaus. Herzlich Willkommen.“



Vor allem aber  fiel mir bei diesem Wandeln auf, wie unglaublich gepflegt diese Stadt aussieht. Ich erblickte  keine einzige Kippe auf dem Weg. Selbst die Großbaustelle, über die irrte, wirkte irgendwie aufgeräumt. Viel verwunderlicher war, dass selbst die in Braunschweig reichlich vorhandenen 1970er-Großbauten gepflegt und sorgsam hergerichtet wirkten. Die Stadthalle selber, offensichtlicher spät 1960er/früh 1970er-Stil wirkte besser gepflegt als Berliner Gebäude nach zwei Jahren. Die Wege und Lampen darum herum: offensichtlich keine zehn Jahre alt. Sie wirkten wie frisch aus der Packung genommen.

Wegbier. In Braunschweig nur schwerlich aufzutreiben, dann aber stilgerecht,


Selbst die Schwimmbäder sind alle gepflegt(*), alle haben gleichzeitig geöffnet und keines ist aus obskuren Gründen gesperrt. Da spielt nicht nur bürgerschaftliches Engagement eine Rolle, sondern offensichtlich ist auch Geld vorhanden.

Auf dem Hotelzimmer, noch so ein sehr gut gepflegter und hergerichteter Bau, der einem „1970er!“ ästhetisch schon ins Gesicht schreit, mit dem Hotel-Wlan (7 Tage, 7 Geräte) nachlesend, wie das nun ist mit Braunschweig. Bekanntes taucht beim Nachlesen auf: Die physikalische-technische Bundesanstalt mit der Atomuhr; geahntes lese ich (Volkswagen – hey, das ist Niedersachsen und die Technische Universität existiert ja auch) und nicht bekanntes:

„Im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) verfügt die Region Braunschweig über die höchste Wissenschaftlerdichte,[103] im bundesweiten Vergleich über eine hohe Ingenieurquote[104] sowie über die höchste Intensität auf dem Gebiet der Ausgaben für Forschung und Entwicklung. In der Region Braunschweig arbeiten und forschen mehr als 16.000 Menschen aus über 80 Ländern[105] in 27 Forschungseinrichtungen sowie 20.000 Beschäftigte in 250 Unternehmen der Hochtechnologie[106]“

Dazu noch „Braunschweig ist die Stadt mit der niedrigsten Verschuldung Deutschlands.“ Und nach einer obskuren EU-Rangliste ist Braunschweig  die innovationsfreudigste Region der EU vor Westschweden und Stuttgart. Hier lebt der deutsche Ingenieur. Hier lebt die deutsche Technik. Was für ein passender Ort für Jules Verne.


Jules Verne


Jules Verne; französischer Erfolgsautor des 19. Jahrhunderts und vor allem bekannt als "Vater der Science Fiction." Von seinem vielfältigen Werk sind vor allem die Abenteuer-Techno-Knaller wie Zwanzigtausend Meilen unter dem Meer, die Reise Von der Erde zum Mond oder die Reise zum Mittelpunkt der Erde bekannt. Wikipedia und die Deutsche Jules-Verne-Gesellschaft hatten ein gemeinsames Wochenende organisiert mit einer Tagung zu Jules Verne und Gesprächen zu Wikipedia.

Volker Dehs bestreitet das halbe Programm


Jules Verne, mir vor allem bekannt durch vage Erinnerungen an den 1954er Nemo-Film, Weiß-orange Taschenbücher und einen blau eingebunden Robur-Roman, der mich verstörte, weil er so anders war als die großen mir bekannten Abenteuerromane von Jules Verne. Warum ich überhaupt fuhr: Intuition. Ich hätte nur schwerlich begründen können, was genau mich reizte, aber die Mischung aus Vertrauen in die Veranstalter, Science Fiction und Neugier auf diese andere niedersächsische Stadt nach Hannover, trieben mich dorthin.

Verne selber gilt als Begründer Science Fiction. Und so bringt er als Autor frankophile Literaten und Groschenromanfans, Ingenieure und Naturwissenschaftler zusammen. Besessene Bibliographen waren Thema und Anwesend, ebenso wie die phantastische Bibliothek in Wetzlar – die Mischung der Jules-Verne-Aktiven unterscheidet sich gar nicht so sehr von der Mischung der Wikipedia-Aktiven. Die Perspektiven, aus denen Verne hier unter die Lupe genommen wurden, waren vielgestaltiger als sie es in der Literatur sonst sind. Faszinierend hier war die Neigung unterschiedlicher und leicht besessener Menschen sich zu einem Thema auseinanderzusetzen.

Haus der Braunschweigischen Stiftungen - Veranstaltungsort.



Dementsprechend hatte der Veranstalter, der Wikipedia-Autor Brunswyk das Programm gestaltet: ist Verne eher katholisch oder eher laizistisch? Kam der Wille zur Aufklärung in seinen Büchern durch seinen Verleger Pierre-Jules Hetzel hinein, während auf Verne eher zurückgeht, dass alles menschliche Streben gegenüber der göttlichen Macht sinnlos bleibt? Wen inspirierte er? Ist es eine sinnvolle Frage, dem nachzugehen, welche seiner Voraussagen, sich bewahrheiten? Dazu kamen dann noch Exkursionen zu Friedrich Gerstäcker, Fenimore Cooper, die Ingenieure, die ihre U-Boote dann nach Jules Verne „Nautilus“ nannten – und stark von diesem beeinflusst waren

Für mich brachte das Treffen interessante Erkenntnisse, wie die Tatsache, dass Verne immer Theaterautor oder – produzent werden wollte und wie sehr der Katholizismus sein Denken beeinflusste. Romancier war er eher gezwungenermaßen – und verdiente mit seinen zwei erfolgreichen Theaterstücken in seinem Leben ein Viertel so viel Geld wie mit etwa 80 bis 100 Romanen.

Interessant das Rätseln aller Anwesenden, warum Vernes Roman "der Grüne Strahl" so ein kommerzieller Erfolg war, was niemand der Anwesenden nachvollziehen konnte. Und dann eine Dreiviertelstunde später kam die Bemerkung in einem anderen Zusammenhang, dass "der Grüne Strahl" quasi Vernes einziges Buch mit einer weiblichen Hauptfigur war. Ich ahne einen Zusammenhang, Update: Es kam wie es kommen musst. Da denke ich mal, ich habe etwas entdeckt, dabei habe ich nur etwas falsch verstanden. Tatsächlich ist Der Grüne Strahl nicht das einzige Werk mit einer Protagonistin. Das prägnanteste Buch ist dabei Mistress Branican*, da hier die Titelfigur die komplette Handlung quasi im Alleingang bestreitet. Aber auch in anderen Büchern spielen Frauen eine wichtige Rolle (und dieser Umstand war Jules Verne sogar so wichtig, dass er in Interviews darauf hinwies): Die Kinder des Kapitän Grant*, Nord gegen Süd*, Reise um die Erde in 80 Tagen*, Ein Lotterielos* ... und einige mehr. (*Affiliate Links)

Für mich neu war die Erkenntnis, dass ein Großteil von Vernes Werk gar nicht in den Bereich Science Fiction gehört, sondern es (fiktive) Reisebeschreibungen sind. Und selbst dort wo Verne Maschinen und phantastische Gerätschaften erfindet, dienen diese vor allem dem Zweck zu reisen.

Und jetzt recherchiere ich, natürlich, zum Grünen Strahl.

Die Phantastische Bibliothek


Meine beiden Programmhighlights beschäftigten sich nur mittelbar mit Jules Verne. Sie kamen von der Phantastischen Bibliothek Wetzlar: zum einen der Rückblick von Thomas Le Blanc auf Wolfgang Thadewald. Den großen Phantastik- und Jules-Verne-Sammler. Thadewald verstarb 2014. Er lebte in Langenhagen. Mehrere der Anwesenden hatten ihn noch persönlich gekannt. Und die Schilderung seiner Sammlertätigkeit, seiner Liebe zu Büchern und zu Menschen, aber auch die Besessenheit mit der Thadewald an ein Thema heranging und auch von Krankheit schon schwer gekennzeichnet das Arbeiten an Bibliographien nicht lassen konnte – es ließ sich nicht anders beschreiben als bewegend. Sicher war dieser Vortrag mein emotionaler Vortrag des Programms.

Wer auch immer aber auf die Idee kam, den Vortrag von Klaudia Seibel zu Future Life: Wie (nicht nur) Jules Verne dabei hilft, die Zukunft zu gestalten an Ende der Konferenz zu legen: Chapeau! Das Projekt ist, kurz gesagt, ein Projekt der Phantastischen Bibliothek. Die stellt zu bestimmten Themen Dossiers zusammen, wie Science-Fiction-Autoren sie sich vorstellen. Die Berichte  werden manchmal von öffentlichen Stellen, öfter von Großunternehmen bestellt, die damit selber zukunftsfähig werden wollen und in die Zukunft denken.

So als Beispiel: Nanotechnische Ideen in der Science Fiction



Wobei Auftraggeber von Staats wegen selten sind. Die meisten Aufträge kommen aus der Privatwirtschaft. Die allerdings meist gleich umfangreiche Verschwiegenheitsklauseln verlangt, weshalb die Phantastische Bibliothek da wenig zu sagen kann.

Da haben also Autoren und Mitarbeiter der Bibliothek ein profundes Wissen über die Science-Fiction-Literatur und die größte Bibliothek ihrer Art im Hintergrund und seit mittlerweile einigen Jahren eine große Datenbank aufgebaut, was Autoren zu verschiedenen Themen schreiben.

Als jemand, der ich selbst weiß, wie viele Situationen ich durch gelesene Bücher interpretiere – Bilder aus diesen Büchern im Hinterkopf habe und mir immer wieder mal sagen muss, dass ein Roman nur bedingt real ist, glaube ich sofort, dass es nichts gibt, was so sehr Denkprozesse auslösen und Kreativität triggern kann, wie Romane. Der befreit das Hirn gerade vom strikt logisch-folgerichtigen Denken, verrückt die Perspektive etwas nach links oder oben, und schon öffnen sich vollkommen neue Gedankenwege. Die Idee ist so brillant, dass es überraschend ist, dass sie wirklich angenommen wird. Anscheinend wird sie das.


Mensch Maschine Normal


Und nachdem ich dann wieder im Zug saß und das erste Handy-Ticket meines Lebens gekauft hatte, fragte ich mich wieder. Ist diese Stadt – die mir in vieler Hinsicht – so unfassbar „normal“ vorkommt, vielleicht die große Ausnahme? Sind die Musicaldarsteller, die mit „dem Alex“ [Alexander Klaws] telefonieren, normal? Die Menschen im Ministerium? Die größten Jules-Verne-Experten des Landes, die alle noch einen anderen Brotjob haben? Oder eher die Normalität vieler Menschen, die darin besteht, am Ende des Monats zu überlegen, wie denn die letzten 10 Tage mit dem leeren Konto noch überbrückt werden können?





Brauschweig ist die verstädterte Mensch-Maschine-Kopplung. In seiner Normalität sicher schon wieder ein Ausnahmefall in Deutschland. Aber ich sah die Zukunft: sie sitzt in einer Bibliothek in Wetzlar und liest Science-Fiction-Romane.

Weiterlesen


Mit Wikipedianern kann man nicht nur Verne lesen, sondern auch Cocktails mischen: Ramos Gin Fizz für die Enzyklopädie.

Oder man läuft mit Wikipedianern durch den Wedding:Tanz auf dem Guglhupf, Automatenmaden und die „brutalism appreciation society“ im #wedding

Mehr zu Future Life bei der phantastischen Bibliothek: Future Life. 

Zum Jules-Verne-Club

Die Wikipedia-Seiten zur Veranstaltung: Wikipedia:Wiki Loves Jules Verne

Beiträge zur Veranstaltung im Wikipedia-Kurier und im Blog von Wikimedia Deutschland.

Der grüne Strahl im Gesamttext bei zeno.org: Der grüne Strahl

Alle Iberty-Posts zur Kultur stehen unter: Kultur in Iberty!

Anmerkungen


Auch zu Schwimmbädern ein schönes Minkmar-Zitat aus dem Mit-dem-Kopf-durch-die-Welt.Buch:

„Nichts gegen das große Geld und die wenigen, die es genießen können, aber die Stärke mitteleuropäischer Gesellschaften liegt gerade in der Mischung. Für Reiche ist es in Singapur, Russland und Malaysia ideal. […]Glaspaläste und Shopping Malls gibt es auf der ganzen Welt, bald vermutlich auch unter Wasser und auf dem Mond. Öffentliche Freibäder, Stadtteilfeste oder Fußgängerzonen, in denen sich Reiche und Arme, Helle und Dunkle, Christen und Muslime mit ihren Kindern vergnügen und drängeln, gibt es nur hier. Ich fand es immer erstaunlich, dass es in Algerien beispielsweise keine öffentlichen Schwimmbäder gibt oder dass man in den USA oder in Brasilien Mitglied in einem Club werden muss. Das ist eine teure und in vieler Hinsicht sozial sehr voraussetzungsreiche Angelegenheit, nur um mit den Kindern mal schwimmen zu gehen, es sei denn natürlich, jeder hat seinen eigenen Pool im Garten, was, für mich zumindest, wie eine Definition von struktureller Langeweile klingt.“ (s. 104)


 

*Dieser Post enthält Affiliate Links zu geniallokal. Es handelt sich dabei um Werbung. Ich bekomme eine kleine Provision, wenn ihr dort bestellt, und ihr habt bei den Guten bestellt.


Berlin celebrates old school #wikipedia15

Tuesday, 17 August 2021 08:13 UTC

I still remember the time when real life meetings for Wikipedians were new and adventurous and a bit scary. Did one really want to meet these strange other people from the Internet? How would they be? Could they even talk in real life or would they just sit behind a laptop screen staring on it for hours?

My first meeting in Hamburg – THE first Wikipedia meeting in Hamburg - would consist of three people (Hi Anneke, Hi Baldhur!) sitting in a pub, and just waiting and seeing what would happen. These meetings were kind of improvised, in a pub, quite private and personal in nature and no talk about projects, collaborations, “the movement” whatever. Just Wikipedia and Wikipedians having a nice evening.

WP15 Germany Berlin 01
Bild: By Sargoth, CC BY-SA 3.0

So what a fitting setting to celebrate this day in Berlin just the old school way. Half improvised, organized by our dearest local troll user:Schlesinger on a talk page, we met in a pub, it was not clear who would come and what would happen except some people having a good time.

And so It was. In the “Matzbach” in the heart of Berlin-Kreuzberg seven people promised to come, in the end we were almost twenty. Long time Wikipedians, long-time-no-see-Wikipedians, a Wikipedian active mostly in Polish and Afrikaans, some newbies and two and a half people from Wikimedia Deutschland. Veronica from Wikimedia Deutschland brought a tiny but wonderful home-baked cake, and we just talked and laughed, talked about history and future.  Actually, mostly we talked about future.

WP15 Germany Berlin 03
Bild: By Sargoth, CC BY-SA 3.0

About the Wikipedian above 30, who has just started a new a university degree in archaeology, the question whether the Berlin community should have its own independent space, industrial beer, craft beer and the differences, the district of Berlin-Wedding, the temporary David-Bowie-memorial in Berlin-Schöneberg, the vending machine for fishing bait in Wedding, new pub meet-ups in the future, who should come to the open editing events, how to work better with libraries, colorful Wikipedians who weren’t there, looking for a new flat, whether perfectionism is helpful or rather not when planning something for Wikipedians, explaining Wikipedia to the newbie, the difficulties of cake-cutting and whatsoever.

No frustration, almost no talk about meta and politics, just Wikipedians interested in the world, Wikipedia and eager to be active in and for Wikipedia and with big plans for the future. Old school. So good.

WP15 Berlin Torte angeschnitten

Die Verschwundenen

Tuesday, 17 August 2021 08:13 UTC

Crossposting eines Posts von mir aus dem Wikipedia Kurier. Erfahrungsgemäß lesen das dort und hier ja doch andere Menschen.

Wikipedistas kommen und gehen. Manchmal gehen mehr, manchmal weniger. Einzelne davon fallen durch ihr Wirken in der gesamten Wikipedia auf oder versuchen sich wenigstens durch einen spektakulären Abgang in Szene zu setzen. Die meisten Autoren und Autorinnen aber gehen genauso still und leise wie sie gekommen sind und gearbeitet haben.

Die unseligen Autorenschwund-Debatten der unseligen Wikimedias kümmern sich ja um Zahlen und nicht um Autorinnen und Autoren. Wie armselig! Den Meta-aktiven Communitymitgliedern - aka Wikifanten - fallen vor allem die anderen Wikifanten auf, die entschwanden. Dabei zeigt sich bei genauerer Betrachtung, dass es um lauter einzelne Individuen mit verschiedenen Vorlieben, Arbeitsstilen und Interessen geht, die in Wikipedia tätig waren und sind. Es gibt vor allem diejenigen, die kommen, einen Beitrag leisten und dann wieder verschwinden. Der größte Teil der tatsächlichen Wikipedia wird von Menschen und Accounts gestaltet, deren Edits fast nur im Artikelnamensraum aufzufinden sind. Manchmal arbeiten sie unermütlich über viele Jahre, manchmal auch nur einige Wochen an einen oder zwei Artikeln. Viele davon sind als IP aktiv, so dass sich fast nichts über sie sagen lässt. Vielleicht sind die Beitragenden per IP auch gar nicht viele, sondern eine einzige sehr fleißige Autorin? Wer weiß?


 Viele Wikipedianerinnen und Wikipedianer sind derzeit inaktiv.

Anlässlich des Projektes WikiWedding und in meinem Bestreben möglichst viele Wedding-Aktive daran zu beteiligen, lese ich ja derzeit viele Artikel zu einem Themengebiet, das mir in den letzten Jahren eher fremd war und an dessen Entstehung ich nicht beteiligt war. Wer sich in den letzten Monaten am Thema beteiligt hat, ist mir bewusst, wer sich von 2001 bis 2014 des Weddings angenommen hat, musste ich nachlesen. Eine spannende Lektüre voller mir unbekannter Namen und Accounts. Neben einigen mir bekannten Wikipedistas waren dort vor allem mir unbekannte Accounts. Accounts, die oft aufgehört haben zu editieren. Meist sind sie still und leise gegangen. Ihre Edits und Kommentare geben keinen Hinweis warum. Aber anscheinend war es anderswo schöner. Oder sie hatten den Einruck, alles in Wikipedia geschrieben zu haben, was sie beitragen wollten. Um diesen Autorinnen und Autoren zumindest nachträglich etwas Aufmerksamkeit zu geben, um ihre Namen kurz aus den Tiefen der Versionsgeschichten zu retten, sollen hier einfach einige Autorinnen(?) und Autoren gewürdigt werden, die sich um den Wedding in Wikpedia bemühten bevor sie verschwanden.



Da ist zum Beispiel der Artikel zur Chausseestraße. Ein Mammutwerk von Gtelloke, dessen Wikipedia-Edits sich von Juni bis Dezember 2012 fast ausschließlich auf diesen Artikel beschränkten.


Bild: Die Chausseestraße 114-118 in Richtung Invalidenstraße von Gtelloke
Lizenz: CC-BY-SA 3.0



Da ist der Artikel zum Wedding selber. Angelegt 2002 von Otto, dessen letzter Edit aus dem Dezember 2004 stammt. Im November 2004 dann maßgeblich ausgebaut von Nauck, der sich auch sonst dem Ortsteil und seinen Themen widmete. Artikel zu Moabit, den Meyerschen Höfen, Mietskasernen und Schlafgängern waren Teil seines kurzen Werks, das im Wesentlichen nur zwei Wochen im November 2004 dauerte, aber die Grundlagen wichtiger Artikel zur Berliner Sozialgeschichte legte. Ein Blick auf seine Benutzerseite zeigt auch den Geist der Wikipedia-Frühzeit: ''GNU rockt! Der König ist tod, lang lebe das Volk! Lang lebe die Anarchie des Netzes! Licht und Liebe''

Weiterer Ausbau erfolgte durch 87.123.84.64, auch zu wikipedianischen Urzeiten. Dann passierte 500 Edits und acht Jahre im Wesentlichen nichts – mal ein Halbsatz hier, mal die Hinzufügung von drei Bahnstrecken dort, Hinzufügen und Löschen von berühmten Persönlichkeiten bis im Dezember 2014 der erste heute noch aktive Wikipedianer hinzukommt: Fridolin freudenfett verpasst dem Artikel mit „Katastrophalen Artikel etwas verbessert)“ eine Generalüberholung.

Der Leopoldplatz; angelegt von Frerix, der in den immerhin fünf Jahren seiner Wikipedia-Aktivität nie auch nur eine Benutzerseite für nötig hielt und anscheinend auch in keine Diskussion verwickelt wurde.  Zu seinen wenigen Beiträgen gehören neben der Anlage des Leopoldplatzes auch noch die Anlage der englischen Stadt Sandhurst, die Anlage des Kreuzviertels in Münster und des Three Horses Biers. Dann war er/sie wieder weg. Mutter des Artikels ist hier aber 44Pinguine, die den heutigen Inhalt maßgeblich prägt und auch heute noch aktiv ist.

Da wäre das Wahrzeichen des Weddings. Die Alte Nazarethkirche. Der Artikel stammt vor allem von 62.246.210.30.


Bild: Leopoldplatz, Ev. Alte Nazarethkirche, 1832–35 von Karl Friedrich Schinkel von Schliwiju

Nichts war für die Entwicklung des Weddings wohl so entscheidend wie die Geschichte der AEG. Dieser Artikel stammte in seiner Frühzeit von WHell, engagiertem Wikifanten, mit ausführlicher Artikelliste und Diskussionsseite, der uns 2007 verließ. Der letzte Eintrag auf seiner Diskussionsseite war „Hallo WHell, ich möchte Dich als den Hauptautor darüber informieren, dass ich den Artikel John Bull (Lokomotive) in die Wiederwahl zum Exzellenten Artikel gestellt habe,“ Größere Beiträge zur WEG folgten in den späteren Jahren durch Peterobst – aktiv von Februar bis April 2006 vor allem mit Beiträgen zur Berliner Industriegeschichte, nach seiner Benutzerseite AEG-Kenner und in Arbeit an einem Buch über den Konzern. Es folgten 80.226.238.197, von Georg Slickers 2006 (auch heute noch aktiv, wenn auch recht unregelmäßig), Flibbertigibbet 2006 , 79.201.110.89 im Jahr 2008 und der unermüdlichen 44Pinguine. Weiter ausgebaut von Onkel Dittmeyer, aktiv von 2009 bis Juli 2015 in Technikthemen und vielleicht immer noch unter neuem Account? Begann seine Karrier mit der Nutzerseite „Hier ist Nichts und das soll so bleiben !“ und hielt sich im Wesentlichen daran.

Da ist der Volkspark Rehberge. Angelegt von Ramiro 2005, aktiv 2005/2006, vor allem zum Thema Fußball. Maßgeblich ausgebaut, umfassend überarbeitet 2007 von 84.190.89.208 und noch einmal 2010 stark erweitert von Katonka. Landschaftsplaner mit unregelmäßigen Edits zwischen 2009 und 2014, die Edits waren wenige, aber die Qualität war hoch.


Bild: LSG-6 Volkspark Rehberge Berlin Mitte - Panoramabild auf die Wiesen des Volkspark Rehberge in Berlin, Wedding (Mitte). Von: Patrick Franke Lizenz: CC-BY-SA 3.0

Neben diesen Verschwundenen tauchen glücklicherweise aber auch heute noch aktive Wikifanten auf. Immer wieder 44Pinguine und Fridolin freudenfett. Darüber hinaus Definitiv, Magadan, Flibbertigibbet und Jo.Fruechtnicht.

Die Artikel entstanden durch Wikifanten und IPs. Accounts mit nur einem Thema oder anderen, die über Jahre thematisch sprangen. Während in der Frühzeit aber viele verschiedene Accounts und IPs an den Artikel beteiligt waren, waren in den letzten Jahren deutlich weniger Menschen aktiv. Fast alle inhaltlichen Edits in den von mir angesehenen Artikeln verteilen sich auf 44Pinguine,  Fridolin freudenfett und Definitiv. Wikipedia wird kleiner und noch lebt sie. Aber wir können all‘ den Verschwundenen danken, die vor uns kamen.

Seit nun schon ein paar Jahren hört man immer wieder über Probleme in der kroatischen (und zu einem gewissen Grad auch der serbischen) Wikipedia. Rechte Gruppen sollen das Projekt übernommen haben und alle Wikipedianer, die nicht ihrer Meinung sind, rausgeekelt oder einfach gesperrt haben.

Lange war nichts passiert, aber seit Ende letzten Jahres sah sich die WMF dann doch mal die Situation an und es wurde schon zumindest ein Admin gebannt.

Nun hat die WMF ein Abschlußdokument veröffentlicht; oder genauer schon Mitte Juni und ich habe es erst heute bei reddit gesehen. In dem Dokument finden sich solche Perlen, als das in hrwp behauptet wurde, Nazi-Deutschland habe Polen überfallen weil Polen einen Genozid an Deutschen verübt hätten.

Der ganze Bericht kann hier gefunden werden. Mich macht die ganze Geschichte sowohl traurig als auch wütend. Wikipedia soll die Leute so gut es geht aufklären und nicht Propaganda verbreiten!

IeS: Blog ist zurück

Friday, 16 April 2021 21:38 UTC

Ich habe heute dieses Blog auf einen neuen Server umgezogen, sein DNS aktualisiert und sein SSL repariert. Werde versuchen, es nun wieder öfters zu befüllen. Wünscht mir Glück 🙂.

Wahl: Oversighter-Wahlen

Friday, 16 April 2021 21:11 UTC

Bereits seit gestern und noch bis zum 28. April laufen die Oversighter-Wahlen. Doc Taxon, User:He3nry und Nolispanmo treten zur Wiederwahl an. Ich wünsche: Viel Erfolg!

Gab es in der DDR Spaghetti?

Friday, 26 March 2021 09:39 UTC

Eine der schöneren unbekannten Ecken der Wikipedia ist die Seite zur Auskunft. Dort können Menschen mögliche und unmögliche Fragen stellen, die dann mal launisch, mal larmoyant, mal ernsthaft oder auch gar nicht beantwortet werden. Wie im wahren Leben und eine ewige Fundgrube obskuren Wissens, seltsamer Fragestellungen und logischen Extremsports.

Nicht die DDR. Bild: Giorgio Conrad (1827-1889) - Mangiatori di maccheroni. Numero di catalogo: 102.



Dort nun fragte vor ein paar Tagen ein unangemeldeter Nutzer:

 "Warum gab es in der DDR eigentlich nur Makkaroni (die in Wirklichkeit Maccheroncini waren), aber keine Spaghetti? Das erscheint mir nach Lektüre einiger Bücher aus der DDR so gewesen zu sein und ist mir auch so von meiner aus Ex-DDR-Bürgern bestehenden Verwandtschaft bestätigt worden. Warum?"

Es folgte eine längere und mäandernde ausgiebige Diskussion, die immerhin folgendes ergab:

* Anscheinend gab es in der DDR Spaghetti, zumindest erinnerten sich einige der Diskutanten an derartige Kindheitserlebnisse.
* Ob Spaghetti so verbreitet waren wie Makkaroni oder Spirelli, darüber bestand Uneinigkeit.
* Die Nudelsaucensituation war in Berlin besser als im Rest der DDR.
* Die DDR allgemein pflegte in vielerlei Hinsicht traditionellere Essgewohnheiten als Westdeutschland, die Küche der DDR ähnelte in vielem mehr der deutschen Vorkriegsküche als dies für die westdeutsche Küche gilt.
* In Vorkriegszeiten waren Makkaroni verbreiteter als Spaghetti.
* Schon bei Erich Kästner wurden Makkaroni gegessen
* Der Makkaroni-Spaghetti turn im (west-)deutschen Sprachraum war Mitte der 1960er
* Schuld könnten wahlweise das mangelnde Basilikum, die mangelnde Tomatensauce, überhaupt mangelnde Kräuter, Italienreisen, Gastarbeiter, Miracoli oder auch was ganz anderes sein.
* Klarer Konsens im Rahme: Sahne gehört keineswegs in Sauce Carbonara!


Gab es in der DDR nicht: Miracoli. Bild: Miracoli-Nudeln mit Mirácoli-Soße von Kraft. Von: Brian Ammon, Lizenz: CC-BY-SA 3.0
 
Daneben tauchten eine ganze Menge Kindheitserinnerungen auf an exotische Spaghettimahlzeiten mit kleingeschnittenen Spaghetti, Ketchup-basierter Tomatensauce und anderen kulinarischen Exotika des geteilten Deutschlands.

Einige Antworten, viel mehr Fragen:
* seit wann wird in Deutschland überhaupt Pasta gegessen?
* wie lange schon ist Tomatensauce verbreitet?
* seit wann essen westdeutsche Spaghetti?
* Und wer ist Schuld? Die Gastarbeiter? Die Italienurlauber? Miracoli?
* Und wie kommen eigentlich die Löcher in die Makkaroni?

Also verließen wir dann erst einmal die Auskunft und die dortige Diskussion und betrieben etwas weitere Recherche. Das heimische "Kochbuch der Haushaltungs- und Kochschule des Badischen Frauenvereins", veröffentlicht 1913 in Karlsruhe, kennt sowohl Makkaroni wie auch Spaghetti. Ungewohnt für heute: die Makkaroni werden in "halbfingerlange Stückchen gebrochen" und dann 25 bis 30 Minuten gekocht.

Neben den diversen Makkaroni-Gerichten gibt es auch einmal Spaghetti. Die Priorität ist klar. Spaghetti werden erklärt als "Spaghetti ist eine Art feine Makkaronisorte. Beim Einkauf achte man darauf, daß sie nicht hohl sind"

Die "Basler Kochschule. Eine leichtfaßliche Anleitung zur bürgerlichen und feineren Kochkunst" von 1908 kennt keine Spaghetti aber diverse Gericht mit "Maccaronis". Darunter sogar schon die Variante "a la napolitaine" mit Tomatensauce.

Weitere Recherche. Weitere Erkenntnisse bringt das Buch "Meine Suche nach der besten Pasta der Welt: Eine Abenteuerreise durch Italien", das die Ankunft der Makkaroni in Deutschland auf das frühe 18. Jahrhundert verlegt. Die 1701 nachweisbaren "Macronen" waren wohl eher Lasagne, aber Anfang des 18. Jahrhunderts entstanden in Prag und Wien echte Makkaroni-Fabriken.

Die Pasta folgte anscheinend den jungen Männern der Grand Tour aus Italien in das restliche Europa. Bestimmt waren die Grand Tours für junge Männer, die mal etwas von der Welt sehen und klassische europäische Bildung mitbekommen sollten, die auf der Tour aber anscheinend nicht nur Statuen und Kirchen kennenlernten, sondern auch Pasta.

Philip Dawe, The Macaroni. A Real Character at the Late Masquerade (1773) - 02
Der Macaroni. Der Hipster seiner Zeit. Bild: Philip Dawe: The Macaroni. A Real Character at the Late Masquerade, 1773.

In England gab es sogar einen eigenen Modestil Macaroni für exaltierte junge Männer - "a fashionable fellow who dressed and even spoke in an outlandishly affected and epicene manner". Die englische Wikipedia schreibt dazu lakonisch: "Siehe auch: Hipster. Metrosexuell." Komplett falsch wäre wohl auch die Assoziation zur Toskana-Fraktion nicht.

Nach diesen extravagant und auffallend auftretenden jungen Männern ist nun wiederum im Englischen der Macaroni penguin - auf deutsch der Goldschopfpinguin - benannt.


Makkaroni-Penguin. Benannt nach dem Stil, nicht nach den Nudeln. Bild: Macaroni Penguin at Cooper Bay, South Georgia von Liam Quinn, Lizenz: CC-BY-SA 2.0

Wie aber kommen nun die Löcher in die Makkaroni? Und seit wann? Licht in dieses Dunkel bringt die "Encyclopedia of Pasta." Diese lokalisiert die Entstehung der maschinellen Pastafertigung - die für Makkaroni in zumutbarer Menge unvermeidlich ist - in die Bucht von Neapel in das 16. Jahrhundert. Dort existerte eine Heimindustrie mit Mühlen, an die sich relativ problemlos eine im 16. Jahrhundert aufkommende ’ngegno da maccarun anschließen lies, die es den Neapolitanern ersparte stundenlang im Teig herumzulaufen, um ihn zu kneten: im Wesentlichen Holzpressen mit einem Einsatz aus Kupfer, je nach Form des Einsatzes entstehen verschiedene Nudelsorten und damit unter anderem Makkaroni. Die Makkaroni wurden dann in langen Fäden zum trocknen in die süditalienische Sonne gehängt.


Sommer, Giorgio (1834-1914) - n. 6204 - Napoli - Fabbrica di maccheroni
Neapel, 19. Jahrhundert. Bild: Giorgio Sommer (1834-1914), "Torre Annunziata-Napoli - Fabbrica di maccheroni". Fotografia colorita a mano. Numero di catalogo: 6204. 


Das hat alles nicht mehr wirklich etwas mit Spaghetti und der DDR zu tun, beantwortet nicht, warum die Deutschen in den 1960ern plötzlich lieber Spaghetti als Makkaroni mochten, oder warum die Makkaroni bei ihrem ersten Zug über die Alpen die Tomatensauce in der Schweiz ließen? Warum gibt es in Deutschland kein Äquivalent zu "Macaroni and cheese" (mehr)? Gab es ein Miracoli-Äquivalent in der DDR, bei dem es Pasta, Sauce und Käse schon in einer Packung gab? Warum sind Makkaroni in Deutschland tendenziell lang und dünn in vielen anderen Ländern aber dicker und hörnchenförmig-gebogen? Es ist hochspannend. Und ein Grund, noch viel mehr zu recherchieren.

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Eine Investigation: Es gibt kein Mirácoli Carbonara mehr.

Coolest Wikipedia Tool 2020: Pywikibot

Thursday, 7 January 2021 17:31 UTC

Seit 2019 wählt das Wikiversum die coolsten Tools, die besten Hilfsmittel, um in Wikipedia und anderen Wikis zu werken. Eines davon ist der Pywikibot, der Bot aller Bots.

Schneeregen fegte waagerecht über Vorplatz des Tempelhofer Hafens. Mein Pullover war gar nicht so kuschlig und dicht wie ich ihn in Erinnerung hatte. Die Handschuhe waren im Laufe der Jahre so fadenscheinig geworden, dass eine einzelne kurze Radtour die Finger vereisen ließ.

Ein einsamer, von Weihnachten übrig gebliebener, Quarkkeulchen-Stand vor dem Tempelhofer Hafen. Seine Lichter verhießen Wärme. Der Weg dorthin: Von Entbehrungen gezeichnet. Der Wind, der einem aus allen Richtungen ins Gesicht blies, trieb die Leute davon. Sie wussten nicht wohin, denn alles war geschlossen und zu Hause wollten sie ihre Mitbewohner nicht mehr sehen. Über der Szene kreiste ein hungriger Taubenschwarm.

„Ist es nicht herrlich“, fragte ich DJ Hüpfburg. „So viel Platz! Fast das ganze Hafengelände gehört uns. Und wir können uns problemlos aus drei Meter Sicherheitsabstand anschreien.“ – Sie antwortete „Du spinnst. Es ist scheißkalt. Ich bibbere. Das letzte Mal, als ich so gefroren habe, bin ich im Rozbrat mit meiner ehemaligen Band aufgetreten: „Pierdzące Zakonnice“.

Wir spielten Prog-Punk. Kein Wasser, keine Heizung und ein sibirischer Windhauch kam aus Richtung Minsk. Wer auf Toilette wollte, hat einen Eispickel in die Hand bekommen, falls das Plumpsklo wieder zugefroren war. Und am Ende des Abends haben wir Wahlplakate im Konzertsaal verbrannt, um nicht ganz zu erfrieren.

Aber wir haben gerockt: Kasia an der Geige, die andere Kasia am Theremin, ich an der KitchenAid und Anna am Gong und an der Rezitation. So viel Kunst war nie wieder davor oder danach im Rozbrat. Leider war es den Pferden zu kalt, so dass die weiße Kutsche ausgefallen ist. Hier am Hafen ist keine Kunst. Hier ist es nur scheißkalt. Ich gehe.“

Später, im Chat. Hüpfburgs Schilderung hatte mich an ein Video erinnert, das ich kurz vorher gesehen hatte: „Wikimedia Coolest Tool Award 2020.“ in meinen Versuchen, DJ Hüpfburg für die Wikipedia und ihr Umfeld zu begeistern, postete ich ihr den Link.

Southgeist: https://www.youtube.com/watch?v=zYM4k_LD_9w – Tools sind doch was für Dich

Hüpfburg: click

Hüpfburg: Das ist Wikipedia. Was soll ich damit?

Southgeist: Aber Tools. Nur mit ausgewählten Menschen. Fast nur Technik und kreative Sachen.


Hüpfburg: Wikipedia spießerfrei? Du meinst, das soll gehen?

Southgeist: Schau doch mal.

Hüpfburg: Ich sehe jetzt schon drei Minuten lang Berliner Straßen ohne Ton. Ich dachte schon, meine Lautsprecher wären kaputt.

Hüpfburg: I like the music.

Southgeist: Eben. Warte erst auf die Tools.

Hüpfburg: 52 Minuten! So lange soll ich Wikipedia schauen? In der Zeit zerstöre ich zwei Ehen, bringe einen Priester vom Glauben ab und bringe drei Paare neu zueinander. Sage mir lieber, was für Tools vorkommen.

Die coolest Tools

Ich erzählte.

Im Video werden vorgestellt: Der AutoWikiBrowser (Hüpfburg: „Da klingt der Name schon langweilig“), SDZeroBot generiert Benutzerseitenreports („Mich interessieren weder Benutzer noch ihre Seiten“), Proofread Page Extension („Korrekturlesen, geht es noch spießiger?“), Listen to Wikipedia („Schön, aber reichlich Kitsch. Wenn eines Tages zwei Wikipedianer kommen und einander heiraten wollen, werde ich das Tool in den Event integrieren“), AbuseFilter („Zu sehr Polizei“), LinguaLibre („I like“), und Pywikibot – ein Tool zum Erstellen weiterer Tools. („Das klingt spannend – erzähle mir mehr.“)

Pywikibot

Pywikibot ist ein Framework zum Erstellen von Bots. Oder anders gesagt: wer sich den Pywikibot installiert, kann mit überschaubarem Aufwand eigene Bots schaffen. Oder sich an einem der bereits auf dieser Basis geschaffenen Skripte bedienen. Die Bots können prinzipiell alles, was menschliche Nutzer von MediaWiki-Wikis auch können – nur schneller.

Wobei können in diesem Zusammenhang natürlich bedeutet: jemensch muss dem Bot vorher sagen, was er tun soll. Das dauert länger als ein Edit. Der Bot kommt sinnvoll ins Spiel, wo es eine hohe Zahl gleichartiger Edits gibt. Zum Artikelschreiben ist das wenig – zum Anpassen von Formalien ist es super. Und dazwischen liegt ein Graubereich. Nicht alles ist sinnvoll, nicht alles ist erlaubt – und um die Kontrolle zu wahren, hat der Pywikibot einen automatischen Slow-Down-Mechanismus, der den Bot absichtlich ausbremst.

Pywikibot geht zurück auf verschiedene Bots und Skripte aus dem Jahr 2003, existiert in dieser Form seit etwa 2008. Die aktuelle Variante ist in und für Python 3 geschrieben. Die Community, die sich um das Framework kümmert, hat eine dreistellige Zahl von Mitgliedern und ist so international, wie es die frühe Wikipedia war. Rein aus dem Bauchgefühl heraus würde ich auch sagen, was Charaktertypen und Soziodemographie angeht, ist die Pywikibot-Gruppe sehr viel näher an der Ur-Wikipedia als die heutigen Wikipedistas.

DJ Hüpfburg: „Du sagst es. Alt-Wikipedia. Diese Tool-Awards sind solche Lebenswerkauszeichungen? Das Bot-Framework gibt es seit fast 20 Jahren, das Proofread-Tool existiert seit fast 15 Jahren. Ist der Award so langsam oder gibt es so wenig Neues?“

Ich glaube, der Award ist langsam. Beziehungsweise er existiert erst seit letztem Jahr. Jetzt muss er die ganzen Tools der letzten Jahrzehnte durchprämieren, damit die nicht vergessen werden. Wie bei der Wikipedia auch: Die Grundlagen wurden vor langer Zeit gelegt. Alles, was jetzt kommt, baut darauf an, verbessert, schafft aber nur selten fundamental Neues.

Change Musiker to Musiker*innen

„Außer dem Tool-Award. Der ist neu? Und dem Video nach zu urteilen reichlich großartig.“
Yup. Und er hat mir und dir den Pywikibot gelehrt und damit eine wichtige Aufgabe erfüllt.

DJ Hüpfburg: „Ich kann also auf Basis von Pywikibot alle ‚Musiker‘ in Wikipedia durch ‚Musiker*innen‘ ersetzen?“
Ich: „Theoretisch ja. Praktisch gibt es verschiedene Hindernisse. Und du wirst auf ewig gesperrt werden.“

DJ Hüpfburg: „Dachte ich. Noch so jung und schon so strukturkonservativ diese Website. Wäre sie ein Mensch, würde sie einen beigen Pullunder über weißem Hemd tragen und Leserbriefe an die Fernsehzeitschrift schreiben. Aber ich kann mein eigenes Wiki aufsetzen und da noch Herzenslust alles bot-mäßig umbauen?“

Ich: „Yup. Wikidata freut sich auch. Da gibt es noch viel zu tun und die sind superfreundlich dort.“

DJ Hüpfburg: „Ich auf meinem Pybot einreitend in Wikidata! Das wäre fast so gut wie im Rozbrat. Mit der Kutsche, die dann doch nicht kam. Irgendwann im Laufe des Abends spielten wir Mozart. Da haben die Squatter angefangen mit Äpfeln zu werfen. Wir uns hinter dem Gong geduckt und ich ein Kitchen-Aid-Solo. Ich erinnere mich noch an den einen Tänzer, der allein Stand und Luft-Küchenmaschine gespielt hat. Ein Arm angwickelt am Körper als würde er die Maschine an sich drücken, mit dem anderen weit ausholende Bewegungen, um dann auf dem Einschaltknopf zu laden.“

„Leider hatten wir dem Publikum einen Mozart-Schock versetzt und die wollten uns nicht mehr gehen. Dadurch hatten wir alle Auftrittsorte in Posen durch. Kasia ging nach Prag und Paris, Jazz-Theremin studieren. „Ein Juwel unter unserer Studentinnen“ sagte mal eine Professorin. Kasia wäre fast dieses Jahr in der Philharmonie aufgetreten. Aber Deine komische Wikipedia hat immer noch keinen Artikel von ihr.“

Ich: „Es ist nicht meine Wikipedia.“

Ruhe. Hüpfburg dachte.

„Dieser Bot. Der kann doch sicher in Wikidata alle Personen auslesen, die Theremin spielen. Und dann eine Liste in Wikipedia anlegen. Die regelmäßig erneuert wird. Das müsste doch gehen. Vielleicht ist es einen Versuch wert.“

(Beitragsbild: Brødmaskin med striper i mange farger von: Øyvind Holmstad Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International